Die Kirschblütenhochzeit

 

„Bleib doch! Ich muss dir eine wichtige Frage stellen!“ Bat Elena ihre Partnerin nachdem sich diese am Morgen des folgenden Tages aus dem Bett erhoben hatte.

„Tu das! Aber versuche mich nicht all zulange aufzuhalten, denn ich habe heute noch eine Menge zu erledigen.“ Gab Madleen unbekümmert zur Antwort, noch ahnte sie nicht worum es sich handelte.

„Kann ich kaum versprechen. Ich glaube dass das, was ich dir zu sagen habe nicht so zwischen Tür und Angel  zu bereden ist.“

„So, was gibt es denn so wichtiges?“

„Warum hast du mir nicht gesagt, was bei meiner Befreiung geschehen ist?“

Madleen erschrak, und mit ihrer heiter beschwingten Laune schien es mit einem Schlag vorbei.

Sie ließ sich auf die Bettkante sinken.

„Was meinst du damit? Was soll denn geschehen sein bei deiner Befreiung? Was eben so geschieht, nichts Außergewöhnliches. Nicht der Rede wert.“

„ So? Da bin ich aber ganz anderer Meinung.Ich bitte dich, versuche nicht wieder dich klein zu reden, du weißt, dass ich das nicht haben kann. Dort ist sehr wohl etwas Außergewöhnliches geschehen. Und du wolltest es mir vorenthalten.“

Elena richtete sich trotz noch immer vorhandener Schmerzen auf und zog die Geliebte an sich.

„Ich bin im Bilde . Ich weiß was sich dort ereignet hat, wie du um mich gekämpft hast und dein Leben aufs Spiel setztest nur um meines zu retten. Und ich konnte auch in Erfahrung bringen  wer dein Gegner war. Warum hast du es mir verschwiegen? Seid wann haben wir Geheimnisse voreinander? Noch dazu, wenn es sich um so etwas Gravierendes handelt.“

Madleen entwand sich der Umarmung, erhob sich und bewegte sich zum Fenster.

„Weil…weil ich so etwas nicht an die große Glocke hängen wollte. Wer konnte den Mund nicht halten? Alexandra? Kristin? Colette? Ich hatte darum gebeten zunächst den Mantel des Schweigens darüber auszubreiten.

Ich…ich hätte es dir schon ausführlich Bericht erstattet, wenn die Zeit dafür gekommen schien. Nun brauche ich es nicht mehr. Ich habe es für dich getan, weil ich dich liebe und weil du für die Gemeinschaft einfach zu wichtig bist. Was sollte ich noch sagen? Es gibt doch sicher tausenderlei Gründe. Muss man überhaupt begründen, warum man einen Menschen das Leben rettet?“

„Nein! Das muss man nicht! Aber ich habe ein Recht zu erfahren, was um meinetwillen geschieht. Verstehst du? Du hast dein Leben für meines riskiert. Weißt du denn überhaupt was das für uns bedeutet?“

„Nein. Was soll es denn bedeuten? Was ändert das zwischen uns?“

„Sehr sehr viel Madleen! Mehr als du im Moment zu ahnen imstande bist!“

„Mach es doch nicht so spannend Elena. Du hättest das Gleiche für mich getan, oder etwa nicht?“ Madleen wurde langsam ungeduldig. Was in aller Welt wollte Elena damit zum Ausdruck bringen?

„Natürlich hätte ich! Welche Frage. Und hätte ich es getan, es wäre nichts besonders, weil es von mir erwartet wurden wäre. Aber im umgedrehten Fall?

„Kannst du mich nicht verstehen?“

Elenas Begeisterung kannte keine Grenzen.

„Ich verstehe gar nichts mehr!“

„Setz dich doch zu mir. Du machst mich ganz nervös, wenn du wie eine aufgescheuchte Glucke umherläufst.“

Die Gefährtin tat wie ihr geheißen. Elena nahm sie wieder in den Arm.

 

„Pass auf! So kompliziert ist es doch gar nicht. ´Du selber leidest doch stets  unter der Tatsache dass du dich mir unterlegen fühlst. Unterlegen in vielerlei Hinsichten. Das hat in unserer Beziehung immer wieder zu Spannungen geführt.“

„Da machst du dir aber unnötig Gedanken.  Habe ich mich jemals darüber beschwert?“

„Nein, aber das ist es ja gerade. Du trägst diese Last schweigend und hinnehmend. Das macht es vielleicht noch schwieriger. Du glaubst, das ich die Stärkere sei und ordnest dich bereitwillig unter.“

"Aber das bist du doch!“

„Nein, nicht mehr! Durch dein Tun hast du eine vollkommen neue Situation geschaffen. Mir fällt es auch gerade jetzt wie Schuppen von den Augen.

Die Schwächere befreit die Stärkere und wird ihr dadurch ebenbürtig. Das ist es. Ab jetzt wird nichts mehr zwischen uns stehen. Die Barriere ist überwunden. Durch deine Tat bist du mir in allem gleichgestellt. Auch und besonders was unsere Gemeinschaft betrifft.“

Erst ganz langsam schien es zu dämmern. Elena hatte Recht. Doch was bedeutete das? Madleen stand in der zweiten Reihe und sie sah bisher keinen Grund sich darüber zu beschweren. Nie wäre sie auch nur auf den Gedanken gekommen sich mit Elena auf einer Ebene zu fühlen. Ihre Partnerin überragte alle und das war gut so. Madleen fühlte sich an der Seite der Stärkeren wohl und rund um geborgen. Warum wollte Elena ihr diese Geborgenheit nehmen? Gleichrangigkeit bedeutete nämlich auch Verantwortung und einer solchen fühlte sie sich nicht gewachsen.

„Was redest du da? Warum sollte ich dir gleichgestellt sein?  Lass es doch einfach  wie es ist. Ich fühle mich wohl, es gab für mich keinen  Grund zur Klage. Naja, hin und wieder mal Zoff zwischen uns. Na und? Kommt doch in den besten Familien vor.

Du bist Elena. Ich war mir von Anfang an bewusst, dass es mit dir an der Seite nicht immer einfach wird. Das ich meinen Platz suchen und finden muss. Ein Platz aber der zu mir passt. Eine Stellung die mich nicht überfordert. Eine Aufgabe die mir angemessen erscheint.

Ich möchte gar nicht mit dir auf einer Stufe stehen. Ich glaube nicht das mir das auf Dauer bekommen würde.“

Elena senkte den Kopf. Ihre Partnerin hatte aus ihrer Betrachtungsweise sicher Recht. Andererseits konnte sie unmöglich einfach zur Tagesordnung übergehen, nach dem was geschehen war.

„Hm. Also gut! Wenn es dich beruhig und glücklich macht. Wenn es dir soviel bedeutet. Dann werde ich zu dir nach oben steigen. Das heißt ich werde es versuchen. Versprich dir aber nicht all zuviel davon. Vor allem überfordere mich nicht gleich am Anfang.“

Elena umarmte Ihre Geliebte und küßte sie.

„ Ich danke dir! Das ist wundervoll. Von diesem Augenblick an wird sich vieles ändern. Aber  zunächst möchte dir etwas schenken. Wie in aller Welt kann ich dich ehren und dir meine bedingungslose Liebe versichern?“

„Mir wird ganz mulmig zumute. Jetzt fang bloß nicht an auch noch Süßholz zu raspeln.

Mich ehren? Was soll das? Du ehrst mich jeden Tag 24 Stunden lang allein mit der Tatsache, dass ich an deiner Seite leben darf. Wenn du mir etwas schenken willst, dann tue es doch, obgleich ich gar nicht wüsste was ich von dir noch begehren sollte. Wir teilen doch schon alles miteinander. Ich habe alles was ich brauche und mehr bedarf es nicht.“

„Nun , ich habe  auch nicht primär an etwas Materielles gedacht. Etwas ideelles, etwas ganz persönliches,ungewöhnliches. Lass mich überlegen.“

Elena ließ sich in die Kissen sinken und legte den Handrücken auf die Stirn, so als ob diese Geste ihr Nachdenken unterstreichen könnte.

„Möchtest du heiraten?“ Elena schoss nach einer ganzen Weile des Schweigens nach oben.

„Wie? Heiraten? Jetzt verstehe ich gar nichts mehr! Wen soll ich denn heiraten? Wie…wie kommst du denn auf diese Idee?“ Nahm Madleen irritiert zur Kenntnis.

„Na wen schon! Mich natürlich!“

„Dich? Du meinst wir sollten… also wir sollten uns miteinander…verbandeln?“

„Ja sicher! Wir zwei, oder willst du mich nicht mehr?“

„Natürlich will ich dich! Quatsch! Aber… ich meine doch nur, warum willst du mich auf einmal heiraten. Es ging doch bisher auch ohne solche Förmlichkeiten. Ich war immer der Ansicht, dass du dir nicht das Geringste aus solch einem bürgerlichen Brimborium machst und ich denke, wie dir sicher nicht entgangen sein dürfte, ähnlich darüber. Warum änderst du auf einmal deinen Standpunkt?“

„Ich ändere ihn gar nicht. Ich denke noch immer so darüber. Aber es gibt Situationen, da können solch überholt erscheinenden Rituale von großem Nutzen sein. Sie können helfen etwas auszudrücken, wofür man im profanen keine rechen Worte findet. Schau, ich will damit zum Ausdruck bringen, wie sehr du mir verbunden bist, in allem. Mit diesem Ritual erkenne ich ganz offiziell deine Gleichrangigkeit an, vor der ganzen Gemeinschaft, vor dem ganzen Land,  wenn du  willst vor der ganzen Welt. Niemand wird dich danach noch in Frage stellen können. Vor allem dann wenn mir etwas zustoßen sollte.“

„Ach so, darauf willst du hinaus. Wegen Erbschaft und so. Muss ja irgendwie geregelt werden. Aber deshalb so ein Aufwand?“

„Nicht nur deshalb. Ja auch, aber nicht nur. Du machst es mir wirklich schwer dir zu verdeutlichen worauf es mir ankommt. Es geht um dich. Alle Welt soll mit erleben, was du für mich bedeutest. Alle sollen an meinem, an unserem Glück teilhaben.“

„Klar, aber das tun sie doch jetzt auch schon, oder etwa nicht?“

Elena setzte an etwas zu erwidern, doch die Worte kamen nicht über ihre Lippen, es war einfach sinnlos etwas erklären zu wollen, für das es keine Erklärung gab. Stattdessen ergriff sie Madleen und ließ sich mit ihr in die Federn fallen.

 

Die Tage verstrichen und Elenas Genesungsprozess schritt unaufhaltsam voran. Schon bald konnte sie das Bett verlassen und sich in der Wohnung bewegen. Als aber der Frühling begann sich in seiner vollen Pracht zu entfalten, hielt sie nichts mehr drinnen.

Anfang April war es inzwischen. Nach dem strengen Winter verharrte die Natur noch in Wartestellung. Die Sonne verwöhnte auf einmal mit einer ungewöhnlichen Kraft. Genau dass Richte für einen Spaziergang.  

Die Zeit auf dem Krankenlager kam Elena wie eine halbe Ewigkeit vor und sie sehnte sich nach ihrem Felsen, hoch oben auf dem Plateau über der Abtei. Endlich konnte sie ihrem Wunsch nachkommen. Das erwies sich jedoch als komplizierter denn erwartet, auf ihrem Weg  begegneten ihr immer wieder Bewohner von Anarchonopolis, die sich erleichtert über ihr Befinden erkundigten und einen kleinen Plausch mit ihr führen mochten.

Elena wollte keineswegs unhöflich erscheinen und kam all dem bereitwillig nach, obgleich ihr gar nicht nach Konversation zumute war. Einfach nur in der Sonne sitzen und sich von deren warmen Strahlen streicheln lassen, frische Luft inhalieren dabei den Gedanken freien Lauf lassen, danach war ihr jetzt vor allem. Langsam kam sie ihrem Ziel entgegen. Alles war ihr vertraut und begrüßte sie wie sonst immer. Dennoch schien es auf eine unerklärliche  Art und Weise neu. Auch sie selbst war die alte, trotzdem aber hatte sie sich  wieder  einmal verändert. Eine weitere harte Prüfung lag hinter ihr und sie war ein gehöriges Stück auf ihrem Initiationsweg vorangekommen.

Auf einer kleinen Terrasse unterhalb des wuchtigen Felsenmassives breitete sie die Thermodecke aus und lies sich darauf nieder, hüllte sich in ihren Wollumhang. Nicht das es ihr kalt war, aber man konnte nie wissen. Immerhin hatte sie vor einen längeren Augenblick zu verweilen und das Felsgestein strahlte an manchen Stellen noch vereinzelt die gespeicherte Winterkälte aus.  

Elena versuchte zu meditieren, doch das gelang ihr nur unzureichend. Noch konnte sie nicht alle erforderlichen Kräfte mobilisieren, die für eine Versenkung erforderlich waren.

Da schoss es  wie ein Blitz durch ihren Kopf. Die Hochzeit! Höchste Zeit sich weiter deren Vorbereitung zu widmen. Sie hatte einige Überlegungen angestellt und sich mit Madleen ausgetauscht. Die anderen jedoch lies sie zunächst noch im Dunkel. Selbst Annett war nicht eingeweiht. Die hätte in ihrem Enthusiasmus mit Sicherheit halb Akratasien unterrichtet. Doch es wurde Zeit dem Vorhaben Taten folgen zu lassen.

Es sollte eine Überraschung werden, deshalb drängte sie Zeit.

 

einerseits schien es ihr nicht fair, allein die Vorbereitung einzuleiten und Madleen dabei außen vor zu lassen. Andererseits befürchtete sie dass ihre Gefährtin durch unnötige Fragen alles in Zweifel ziehen könnte, da sie noch nicht imstande schien den Sinn der Angelegenheit in seiner ganzen Tragweite zu erfassen.

Elena wollte ein Konzept entwerfen und es im Anschluss gemeinsam mit ihrer Partnerin erörtern. 

Da stellte sich zunächst die Frage der Öffentlichkeit. Elena war eine Person des öffentlichen Lebens, die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung sowohl Altmelancholaniens, als auch der Akratasischen Föderation verehrten Elena, nahmen stets Anteil an ihren zahlreich vorhandenen Schicksalsschlägen, zuletzt gerade während ihrer Gefangenschaft. Am liebsten hätte sie das ganze Volk zu sich eingeladen. Natürlich war das eine utopische Vorstellung. Aber immerhin, Zaungäste konnte es, dank der noch immer vorhandenen Medien, in unbegrenzter Zahl geben.

Stellvertretend gedachte sie eine ganze Reihe von auserwählten Gästen zu laden, obgleich ihr das widerstrebte.

Der prominenteste unter denen sollte Cornelius sein. Sie hatte sich zu diesem Schritt entschieden um ihm nach so langer Zeit die Hand zur Versöhnung reichen, welcher Anlass schien  wohl besser dafür geeignet als eine Hochzeit.

Viel zu lange schon war sie einer echten Versöhnung aus dem Weg gegangen. Der alte Mann hatte einfach ein Recht darauf von ihr geliebt zu werden. Es gab eine Zeit, da stand er wie ein Vater zu ihr. Das würde zweifelsohne die zweite wichtige Zäsur dieses Tages.

Die Begegnung mit ihm kam einem Staatsbesuch gleich.

Zum ersten Mal seit der Teilung des Landes würde ein führender Politiker des altmelancholanischen Staates den Boden Akratasiens betreten. Elena war sich der Tragweite dieses Umstandes bewusst. Sie ging davon aus dass Cornelius die Einladung liebend gern akzeptierte.

Und Neidhardt? Sollte sie ihn ebenfalls einladen? Mit Sicherheit! Auch wenn er mit Sicherheit der Feierlichkeit fern blieb.

 

Wie gerne hätte sie an einem solchen Tag all jene um sich, die schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilte, Miriam, Kovacs und vor allem natürlich Leander.

Unwillkürlich rief das Erinnerungen in ihr wach. Erinnerungen an die Hochzeit mit ihm. Damals in den unsicheren Zeiten der Revolution.

Diese kleine Feier ,im engsten Kreis und unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

Nie hätte sie sich träumen lassen, dass ihrem Glück nur so kurze Zeit beschieden war.

Immer wieder schob sich die Frage in ihr Bewusstsein, was Leander wohl zu Madleen sagen würde. Wie sehr bedauerte sie, dass die beiden einander nie kennen lernen durften. Bestimmt hätten sie sich gut verstanden. Oder? Eine Lebensgemeinschaft zu dritt?  Würde nicht eine Person ständig auf der Strecke bleiben?

War es also tatsächlich vom Schicksal vor bestimmt, dass sie Leander und Madleen nacheinander und nicht zur gleichen Zeit lieben durfte? Musste Leander sterben um Platz zu schaffen für Madleen? In ihrem Traumgesichtern versuchte ihr Anarchaphilia, diese mysteriöse Gestalt aus der Schattenwelt, genau diesem Umstand nahe zu bringen. Elena weigerte sich bisher stets diese Tatsache zu akzeptieren. Doch jetzt! Langsam, ganz langsam gingen ihr die Augen auf.

Hart präsentierte sich das Leben und undurchschaubar. Alles schien entweder einer logisch-rationalen Gesetzmäßigkeit zu folgen oder es standen geheimnisvolle Mächte dahinter, die ständig in ihr Leben einbrachen und manchmal bedeutend mehr Fragen denn Antworten hinterließen.

Elena philosophierte wieder einmal viel zu viel. Dabei wollte sie doch die Zukunft planen und nicht die Vergangenheit.

Für jenen Weg hingegen, der sich vor ihr auftat, konnte zumindest ein Plan entworfen werden, selbstverständlich ohne Garantie auf dessen Gelingen.

Madleen hatte sich einen ausgesprochen günstigen Zeitpunkt ausgesucht um in ihr Leben zu treten. Den Platz an ihrer Seite hatte sie sich redlich verdient.

Es bestand nicht der geringste Zweifel daran, dass ihr diesen keine Person, weder Frau noch Mann jemals wieder streitig machen konnte.

 

Elena entwarf ein detailgenaues Bild der Hochzeitsfeier in ihrem Kopf. Etwas völlig Neues das an altbewährtes anknüpfen wollte.  Schlicht aber trotzdem feierlich, etwas das einen Eindruck von Erhabenheit und Würde hinterlassen sollte. Ein Ritual zudem, dass den Beginn einer neuen Ära versinnbildlichte.

Viele Hochzeitsfeste hatte Elena schon erleben dürfen, in den alten Tagen als arrogante Zicke aus der Oberschicht, süßlich-kitschig, normativ, einzig und allein dem patriarchalen Rollenklischee verpflichtet. Die Braut im strahlend weißen Kleid bot sich am Traualtar geradezu als Opfer dar. Die weibliche Selbständigkeit fand, wenn sie denn je wirklich bestanden hatte, an jenem Ort ein jähes Ende. Die rigide Macho-Kultur Melancholaniens feierte sich zu solchen Anlässen immer wieder von Neuen. Auch die Revolution hatte nicht an den patriarchalen Grundsätzen gerüttelt, lediglich die Protagonisten wurden ausgetauscht.

Nichts, aber auch gar nichts sollte daran erinnern, wenn sie sich nun mit Madleen verband.

Der Entschluss zweier freier und gleichberechtigter Menschen ihren Weg von nun an gemeinsam zu bestreiten ,sollte gefeiert werden. Ein Entschluss der nicht zwei Sklaven produzierte, die von jenem Zeitpunkt an in Ketten verwoben, eifersüchtig einander die Luft zum atmen nahm, sondern deren Freiheit nicht nur unvermindert fortbestand, sondern im Gegenteil zu einer neuen Blüte reifen durfte.

Was für ein ergreifender Entschluss.        

Elenas Blick richtete sich gen Himmel. Dort ließen zwei Bussarde majestätisch ihre Schwingen durch die Lüfte gleiten, sich im Wechsel aufeinander zu bewegend und wieder entfernend. Offensichtlich ein Paar. Ein Symbol totaler, aufeinander abgestimmter Harmonie, sich gleiten lassen, verlieren und immer wieder finden. Kaum ein anderes Bild könnte wohl die Situation besser charakterisieren. Der eine Vogel war sie selbst, der andere verkörperte Madleen. Nur auf diese Weise konnte ihre Beziehung dauerhaften Bestand finden. Es bedurfte keiner Ketten oder Versicherungen.

Immer weitere Kreise zogen die Vögel nun, sich durch laute Rufe immer der Gegenwart des anderen versichernd. Bald konnte man am Himmel nur noch weit entfernte Punkte wahrnehmen. Doch sie schienen sich nie wirklich aus den Augen zu verlieren.

Auch in ihr beider Leben würde es immer wieder zeitweilige Trennungen geben, die akzeptiert werden mussten. Wichtig schien nur, dass sie immer wieder zueinander fanden.

Weitere schwere Prüfungen standen ins Haus. Noch härter, noch schicksalhafter als jene die gerade hinter ihnen lagen. Schemenhaft konnte Elena in die Ferne blicken.

 

 

Die Zeit verging im Flug, die Kirschblüte entfaltete ihre märchenhafte Pracht. Bewusst hatte Elena diese Zeit für ihre Ritual ausgewählt. Die Blüte symbolisierte das neu in der Natur erwachte Prinzip des Lebens. Wie geschaffen für eine Hochzeitszeremonie.

Alles lief bestens, auch in ihrem Inneren, die Dämonen hatten sich aus ihrem Bewusstsein verabschiedet. Auch wenn es kein Lebewohl für immer war. Mit positiven Gefühlen der Zukunft zugewandt.

Es war noch früh. Zeitig hatte sich Elena erhoben, nichts hielt sie mehr im Bett, heute, an diesem Tag. Am Fenster ihres Schlafzimmers stehend folgte sie schon seit geraumer Zeit dem Lauf der Sonne, die sich langsam ihren Weg vom Horizont am Himmel erkämpfte. Die warmen Strahlen kitzelten ihr Gesicht, als sie das Fenster öffnete.

Schon seit über einer Woche lief der Frühling auf Hochtouren,schlagartig erwachte die Natur aus ihrer lang auferlegten Winterstarre. Überall schossen die frischen grünen Triebe hervor und verkündeten die Botschaft der Auferstehung.

Ihr schien es als ein besonderes Geschenk, denn das Ritual sollte vollständig im Freien stattfinden. Die Natur bedurfte dringend der Feuchtigkeit, jetzt da der Vegetationszyklus eingesetzt hatte. Doch sollte sich der Regen  nicht gerade diesen Tag aussuchen um die Erde mit seiner Leben spendenden Kraft zu stärken .

Elena huschte über den Flur ins Badezimmer um sich zurechtzumachen. Es war noch reichlich Zeit, aber es sollte ruhig und besinnlich von statten gehen. Sie konnte sich nicht erinnern seit sie zum letzten Mal solch eine Aufregung in ihrem Inneren verspürt hatte. Ein seltsames Grummeln in der Magengegend. Empfand Madleen ebenso?

Fragen konnte sie ihre Gefährtin derzeit nicht, denn beide hatten vereinbart ganz bewusst einige Tage vor ihrem Ritual aufeinander zu verzichten, sich jeweils allein, darauf vorzubereiten.

Folglich hatten sie auch seit geraumer Zeit nicht mehr miteinander geschlafen. Heute Abend nun wären sie wieder vereint, würden sich dann wie zwei frisch verliebte in ihr Glück stürzten können.    

In ihr stieg ein starkes Verlangen auf. So ein freiwilliger Verzicht hatte etwas. Sich einfach mal für längere Zeit für einander aufsparen. Das konnte ihrer Leidenschaft zusätzliche Nahrung verschaffen.

Frisch gewaschen und frisiert betrat sie wieder ihr Schlafgemach. Aus dem Kleiderschrank holte sie ihr eigens zu diesem Anlass gefertigtes Hochzeitsgewand. Ein langes dunkel -grünes Kleid aus feinen Leinen, Dreiviertelärmel und einem leichten V-Ausschnitt. Ein wunderbarer Kontrast zu ihrer kupferroten Lockenmähne.

Mehr bedurfte es nicht. Möglicherweise würde sie sich einen Schal über die Schultern hängen. Schuhe brauchte sie nicht, barfuß würden beide zum Altar der Freiheitsgöttin schreiten, so war es ausgemacht. Die Mutter Erde unter den Füßen spüren, während sie gesegnet wurden, bzw. sich selbst den Segen spendeten.

Diesem Ritual wohnte schon etwas Besonderes inne, so eine Art von Hochzeit hatte man in Melancholanien bisher nicht erlebt.

 

Neidhardt hatte beschlossen seinerseits eine öffentliche Angelegenheit daraus zu machen und die Presse beauftragt über die Hochzeit im vollen Ausmaße zu berichten. Offensichtlich glaube er, sich dadurch reinzuwaschen, möglicherweise sogar Kapital aus der ganzen Angelegenheit zu schlagen, da Elenas Popularität in den letzten Tagen geradezu kometenhaft angestiegen war. Das Land sollte sehen, dass er eigentlich nichts gegen sie hatte, wenn sogar ihre Hochzeit zum öffentlichen Ereignis wurde. Das Akratasien ein eigenständiges Staatsgebilde war, ignorierte er wieder einmal genüsslich und tat so als ob sich Elena und ihr Gefolge noch unter seiner Oberhoheit befanden.

Diese akzeptierte das. Solange dadurch die Feindseligkeiten eingestellt würden, konnte sie damit leben.

 

Die Nachricht von diesem einmaligen Event sprach sich in Windeseile herum.  Erste Schaulustigen versammelten sich schon am Vorabend, mit Schlafsack und Isomatte bewaffnet postierten sie sich an den vermeintlich günstigsten Stellen um dieser einmaligen Show beizuwohnen. 

Das war ganz und gar nicht in Elenas Sinne. Aber was sollte sie tun? Immer deutlicher wurde ihr vor Augen geführt, dass sie auf eines im Leben wohl für immer verzichten musste, auf ein Privatleben.

Doch sie wollte diesen Tag so authentisch wie nur möglich erleben.

Durch den langen Korridor des Konventsgebäudes schreitend, dann  die Treppe hinab, den langen Kreuzgang hindurch, bis sie schließlich die kleine Pforte passierte und sich auf dem Vorplatz wieder fand. Erst 7.30 Uhr, genügend Zeit. Noch herrschte weitgehend Ruhe, als Elena den Hof betrat. Am Samstag lief der Tag ohnehin gemächlicher an als an den Werktagen.

Elena schritt an der Basilika entlang und bewegte sich durch den Park, nahm auf einer der zahlreich vorhandenen  Bänke Platz, den Blick auf das Haus gegenüber gerichtet, die Gärtnerei. Ein schöner rustikaler Fachwerkbau um geben von den großflächigen Nutzgärten. Madleen wohnte für einige Tage bei  ihrem Bruder Robert und der Schwägerin Valeria, um sich ebenfalls allein auf diesen Tag einzustimmen. Mit ihr hatte sich auch Annett dort einquartiert.

Auch hier herrschte schon geschäftiges Treiben. Annett hatte ihre Tochter aus den Federn geworfen und eilte hast von einem Zimmer in das nächste Keiner vermochte zu sagen wer von beiden mehr Aufregung versprühte. Es hatte den Anschein als sei es Annett die hier bald den Weg zum Traualtar beschreiten wollte.

„Was machst du für eine Hektik? Wer hat denn Hochzeit, du oder ich?“ Beschwerte sich Madleen.

„Was heißt hier Hektik? Wenn ich nicht solchen Dampf machen würde, bringst du es glatt fertig deine eigene Hochzeit zu verschlafen.“ Konterte Annett wie aus der Pistole geschossen.

„Mutter, wir haben alle Zeit der Welt. Keiner macht uns Druck. Wir stimmen den Zeitpunkt ab, Elena und ich. Und wenn wir uns fühlen, laufen wir den Weg. Es geht uns beide an, niemand sonst.“ Versuchte Madleen zu beschwichtigen.

„Da bist du leider einem Irrtum erlegen. Es geht mich sehr wohl etwas an, wenn die meine einzige Tochter  heiratet, deinen Vater, deine Brüder und deren Familien auch. Ja und was die doch sehr zahlreichen Freunde  und  Bekannten betrifft, die Ehrengäste nicht zu vergessen. Schlussendlich die Öffentlichkeit. Ihr werdet in den Medien sein. Ich kann das noch gar nicht recht glauben. Und da sprichst du davon, dass es niemanden etwas an geht? Ich höre wohl nicht recht? Ich werde schon dafür sorgen, dass hier alles wie am Schnürchen läuft.“ Erwiderte Annett sichtlich genervt von den Allüren ihrer Tochter.

Madleen, gerade darum bemüht ihrer pechschwarzen Lockenmähne vor dem Spiegel eine einigermaßen sitzende Form zu geben, fühlte sich mehr als herausgefordert.

„Mutter, willst du mich nicht verstehen. Die Öffentlichkeit ist mir schnurzpiep egal.“

Sie stapfte zum Kleiderschrank und holte ihr Gewand heraus, wie jenes von Elena ebenfalls aus feinem Leinen gefertigt, allerdings in einem pinkfarbenem Ton. Das würde ihrem schwarzen Haar und der braunen Haut die gewünschte Geltung verschaffen.

„Überhaupt, seitwann heiratet Frau in einem pinkfarbenen Leinenkleid? Was sind denn das für Moden? Ich verstehe euch nicht.“

„Ach wie sollen wir denn sonst ausstaffiert sein? Du hast dir wohl eine Hochzeit in weiß gewünscht?“

„Wenn ich ehrlich bin ja?“ Gab Annett barsch zu verstehen.

„Und wer sollte das Kleid tragen? Ich oder Elena? Eine von uns müsste aber dann im schwarzen Anzug erscheinen. Ich denke Elena würde darin eine bessere Figur machen? Oder?“

Spöttelte Madleen, während sie Grimassen schnitt.

„Sei nicht albern, das ist eine ernste Angelegenheit!“

„Mutter, dir müsste doch in der Zwischenzeit aufgegangen sein, dass hier die Uhren etwas anders gehen. Es gibt keine Konventionen. Wir haben uns ein entsprechendes Ritual geschaffen, das uns beiden entspricht. Bisher weiß außer uns noch niemand wie es abläuft und das ist gut so. Auch du wirst das akzeptieren.“

„Da bin ich in der Tat gespannt. Mir schwant da schon wieder etwas.“

Annett schloss die Tochter in die Arme und drückte sie ganz fest.

„Müsst ihr denn alles neu machen? Könnt ihr denn nicht auch mal etwas Altbewährtes akzeptieren? Ich kann nicht so schnell umschalten wie ihr! Das musst du doch auch verstehen.“

„Ich verstehe es ja! Jegliches hat seine Zeit!“ Madleen entwand sich der Umarmung und schlüpfte in ihr Kleid, das ihr wie auf den Leib geschneidert war.

„Sie hier! Ist das nicht zauberhaft? Es sind die Farben Akratasiens die wir für unsere Kleider gewählt haben. Elena in dunkelgrün, ich im dunklem rosa. Es ist ein symbolischer Akt.

„Du bist wunderschön meine Tochter. Es bedarf keiner weiteren Worte um das auszudrücken.“ Bestätigte Annett mit Tränen in den Augen. Dann warf sie einen Blick aus dem Fenster und entdeckte Elena vor ihrem Hause sitzend, ganz in Gedanken versunken.

„Und noch jemand sieht ganz bezaubernd aus, sieh dort!“ Stellte Annett voll Bewunderung fest und wies mit dem Finger zum Fenster.

Madleen schritt hinzu und erblickte ihre Geliebte, was ihn ihr ein Gefühl tiefen Friedens und sicherer Geborgenheit auf kommen ließ.

„Oh ja, dass ist sie in der Tat. Siehst du, wie ich gesagt habe sie trägt grün, dunkles Grün und  es steht ihr ausgezeichnet.“

 

Die Sonne bahnte sich ihren Weg am Wolkenlosen Himmel. Die Freiheitsgöttin hielt Wort. Der Tag wartete wie erhofft mit wunderschönem Frühlingswetter auf.

Unterdessen fanden sich immer mehr Schaulustige ein um jenem epochalem Ereignis bei-

zuwohnen.

Auch die geladenen Gäste trafen in Anarchonopolis ein. Viele konnten ihr Kommen erst im allerletzten Moment ermöglichen. Aufgrund der kurzen Vorbereitungszeit schien das bei vielen lange als unsicher.

Auf dem Innenhof des Abteigeländes hatten viele fleißige Helfer bereits am Vortag eine große Tafel für ein festliches Bankett hergerichtet. Aber das würde natürlich ebenso wenig für die vielen Gratulanten ausreichen die fortwährend kamen um dem beiden ihre Herzenswünsche auszudrücken.

Die Geschenkeflut hatte bereits vor Tagen eingesetzt und würde sich auch noch bis weit in die folgende Woche fortsetzen. Was hier ankam übertraf alle Erwartungen. Vom Stofftierchen oder Selbstgebastelten Kunstwerken der Kinder bis zum Diamantendiadem.

Von der Kaffeemühle bis zur Luxuskarosse, alles war vertreten. Sogar ganze Grundstücke wurden übereignet von Angehörigen der ehemaligen Privoklasse die der Enteignung bisher entgangen waren. Diese wollten ihren Besitz lieber bei Elena als bei der ungeliebten Neidhardt-Administration sehen, somit vergrößerte sich die Akratasische Föderation noch einmal beträchtlich.

Elena schätzte dass ihre Hochzeit in bedeutendem Maße dazu beitrug das Vermögen des Kommune-Netzwerkes um ein Vielfaches zu erweitern.

Sie und Madleen würden nur das allerwenigste für sich selbst in Anspruch nehmen. Der überwiegende Teil sollte sofort weitergegeben werden und der ganzen Gemeinschaft zugute kommen. Somit gab es sehr viele Nutznießer dieser Familienfeier.

Inzwischen hatte sich der Abteihof mit Besuchern gefüllt, so das die vielen Helfer leider einen Einlassstopp veranlassen mussten, was Elena zwar missfiel, aber auf eine andere Weise konnte man die Besucherschwämme nicht eindämmen. Madleens Familie, ihre sämtlichen Freunde, alle waren eingespannt, die Menschen abzufertigen. Elena selbst konnte gar niemanden mehr persönlich begrüßen, so leid ihr das auch tat.

Als aber plötzlich eine große schwarze Staatskarosse fast unbemerkt in die kleine Seitengasse einbog und auf dem großen Parkplatz an der Vorderfront der Basilika zu stehen kam stockte ihr der Atem.

Diesen Besucher würde sie auf jeden Fall persönlich in Empfang nehmen.

Der Wagen stoppte, der Fahrer entstieg und öffnete im Anschluss die Hintertür. Langsam, gleichsam in Zeitlupe schwang sich Cornelius aus dem Auto, auf einem Gehstock gestützt, war ihn sofort anzumerken, das ihm das Laufen schwer zu schaffen machte. Die Haare und der Rauschebart hatten nun vollends die weiße Farbe angenommen.. Elena traten die Tränen in die Augen als sie der Person ansichtig wurde, von der sie sich vor fast unendlich langer Zeit im Streit hatte trennen müssen.

Melancholaniens Staatsoberhaupt hatte sich tatsächlich auf dem Weg gemacht um seine Glückwünsche zu überbringen. Eine grandiose Aufwertung. Cornelius in Anarchonopolis, ein Meilenstein der Geschichte.

Mit einem Kloß im Hals trat Elena auf zu ihm. Wie würde ihre Begegnung verlaufen? Was sollte sie ihm sagen, nach so langer Zeit?

Noch ehe einer von beiden etwas sagen konnte fiel sie ihm um den Hals, beide hielten sich eine halbe Ewigkeit wortlos in den Armen.

„Ich freue mich dass du gekommen bist, alter Wolf. Das schönstes Geschenk das ich an diesem Tag erhalte!“ Begrüßte Elena den alten Freund.

„Ich freue mich auch unendlich dich wieder zu sehen, meine Füchsin. Lass dich anschauen, du hast dich kein bisschen verändert. Wunderschön und sinnlich wie ehedem.“ Erwiderte Cornelius sichtlich gerührt.

„Du bist auch immer noch ganz der Alte!“ Gab Elena zu verstehen in dem Bewusste sein, dass es nicht stimmte, denn das Alter hatte nur all zu deutliche Spuren hinterlassen.

„Naja, wie du unschwer feststellen konntest, stimmt das bei mir nicht mehr so ganz.“ Antwortete Cornelius und deutet auf seine Gehhilfe.

„Aber reden wir nicht über mich. Ich bin nur Zaungast heute. Ihr seid die Hauptakteure und das zu Recht. Apropos, wo ist denn dein Rehkitz Madleen. Ich kenne sie noch gar nicht von Angesicht. Gut, Bilder von ihr habe ich in der Presse gesehen, aber was können Bilder schon ausdrücken.“ Fuhr er fort.

„Da wirst du dich noch ein klein wenig gedulden müssen, “ gab Elena zu verstehen, während sie sich bei ihm unterhakte.

„Wir haben verabredet, dass wir uns vor der Zeremonie nicht sehen. Erst danach wirst du sie kennen lernen, wenn wir wieder vereint sind.“

„Ah ja! Das passt zu dir. Du hattest schon immer das richtige Gespür für große Momente. Das ist es, was ich so sehr an dir schätze. Natürlich werde ich mich gedulden, auch wenn ich gestehen muss, es kaum erwarten zu können, sie kennen zulernen.“

In der Zwischenzeit hatten sich beide in Bewegung gesetzt und gingen langsam und bedächtig auf den Innenhof der Abtei zu. Sie schritten auf einem Nebenweg, der noch nicht mit Besuchern überfüllt war. Elena hatte sich kurzerhand entschlossen die große Pforte doch öffnen zu lassen, um dosiert Besucher auf das Gelände  vor zu lassen. Einige Wege aber blieben ganz bewusst gesperrt. Es würde sicherlich für Aufregung sorgen wenn plötzlich Melancholaniens Staatsoberhaupt  auftauchte. Das wollte Elena vermeiden. Selbstverständlich gedachte sie die knapp bemessene Zeit so sinnvoll als möglich zu nutzen, um mit Cornelius alleine ins Gespräch zu kommen. Da gab es mit Sicherheit eine ganze Menge zu berichten und Elena wusste nicht so recht, wo sie beginnen sollte.

„Komm, lass uns doch einfach auf der Bank da Platz nehmen, eine Weile ausruhen, bevor der große Trubel beginnt.“ Lud Elena ein.

Cornelius nahm dankend an, denn auch der kleine Gang schien ihm viel an Kraftanstrengung abzuverlangen.

Sie erreichten den Hain der Kastanienbäume, etwas oberhalb des Konventsgebäudes.

Die kleine Holzbank befand sich unter einem stattlichen Exemplar dieser Baumart, dessen Blätter im Begriff waren sich in der warmen Frühlingssonne zu entfalten.

Eine wild wuchernde Hecke bot zudem Schutz vor neugierigen Blicken.

„Ich kann kaum in Worte fassen, was mich im Moment bewegt. Ich glaubte zunächst an eine Sinnestäuschung als ich dich erblickte, Cornelius.“ Elena rang nach Worten. Wie sehr hatte sie in der zurückliegenden Zeit einen solchen Augenblick herbeigesehnt

„Auch ich habe erst am gestrigen Abend den Entschluss gefasst zu kommen, nicht wenige wichtige Termine musste ich dafür stornieren. Du warst mir immer wichtig und daran hat sich bis heute nichts geändert. Wir haben einfach zu lange auf einander warten müssen. Ich hätte  bedeutend früher den Weg zu dir finden müssen.“ Gab Cornelius zu verstehen.

„Nein, es ist meine Schuld! Ich hätte auf dich zugehen müssen. Ich habe mich, im Nachhinein, wie ein rechter Trotzkopf benommen.“ Bekannte Elena reumütig. „Uns verbindet so viel, nie hätte uns ein Streit entzweien dürfen.“

„Es ist einfach zuviel geschehen! Man hat dir sehr wehgetan damals. Ich habe es nicht verhindert, nicht einmal den leisesten Versuch unternommen rechtzeitig gegen zu steuern. Du hattest recht damals! Du konntest dich überzeugen wie sich alles entwickelt hat. Das war weder in meinem noch in deinem Sinne. Ich hätte es wissen müssen. Nie und nimmer durfte ich es zulassen mich derart vor Neidhardts Karren spannen zu lassen.“ Gestand nun Cornelius seinerseits.

„Es tut gut solche Worte zu vernehmen, aber ich werfe dir die Vergangenheit nicht mehr vor. Die Zeiten waren ebenso. Du hast getan was du für richtig erachtet hast. Im Grunde konnte, so kurz nach der Revolution, niemand erahnen, wie sich alles fortentwickelt. Wohl kaum einer hätte Neidhardt damals zugetraut sich in Windeseile zum Diktator zu entwickeln.“ Versuchte Elena zu beschwichtigen.

Cornelius glaubte nie an Neidhardts Ideen, hatte diese in den Jahren der Illegalität sogar vehement bekämpft, um so überraschender dann ihr Schulterschluss vor, während und nach der Revolution.

Doch konnte er anders handeln? Elena hatte gründlich über die vergangene Zeit reflektiert und dabei waren ihr erhebliche Zweifel gekommen.

„Es war eine vertane Chance Cornelius. Aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass du  nicht anders konntest.“

„Ich habe versagt, auf ganzer Linie. Sehr wohl wäre es mir möglich gewesen etwas zu tun. Ich wollte nicht. Zwischen wollen und können besteht doch ein gewaltiger Unterschied. So machtlos wie es nach außen scheint ist meine Position gar nicht. Ich habe einfach zugelassen, das mir eines nach dem anderen aus den Händen genommen wurde.“

Klagte sich Cornelius an.

Elena schwieg, sie wollte ihm nicht ständig den Widerpart halten. Sie blickte einfach auf den Boden und harrte der Dinge die noch geschehen würden.

„Aber heute ist ein so schöner Tag. Lass uns  einfach später darüber sprechen. Geschehen ist geschehen, wir können nicht nachträglich in die Vergangenheit eingreifen . Aber die Gegenwart, die können wir gestalten und feiern und auf eine bessere Zukunft hin arbeiten.“ Versuchte Cornelius das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.

Elena war es recht. Sie wollte sich nicht mit den Dämonen der Vergangenheit belasten, nicht heute, nicht an diesem Tag, der mit so viel positiver Energie aufwartete. Andererseits schien es ihr ausgesprochen wichtig, sich gerade jetzt auszusprechen.

„Du hast Recht. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Wir müssen reden über dass Vergangene. Wer die Vergangenheit nicht aufarbeitet, neigt beständig dazu sie zu wiederholen.

Aber hast du denn auch ausreichend Zeit mitgebracht?“

„Die nehme ich mir einfach. Auf jeden Fall möchte ich bis morgen bleiben, vielleicht auch bis übermorgen, das wird sich erweisen.  Zunächst bin ich einfach nur froh dich wieder zu haben.“

Spontan umarmten sie sich erneut und verharrten in andächtigem Schweigen.

„Elena, Elena wo steckst du denn?“ Hörten beide plötzlich eine Stimme rufen. Außer Atem stürmte Kristin die kleine Anhöhe hinauf und erschrak beim Anblick der bekannten Persönlichkeit.

„Oh, Verzeihung… ich.. äh ... ich wusste nicht das du so hohen Besuch hast. Ich wollte auf keinem Fall stören. Aber… du wirst schon vermisst. Du musst dich langsam fertig machen, die Zeit drängt.“

Elena kam jene Störung nicht ungelegen. Sie war ganz froh dieser emotionalen Spannung zu entrinnen.

„Du störst auf keinen Fall Kristin. Ich habe mich total vertrödelt. Ich glaube ich brauche dir den Präsidenten Melancholaniens nicht vorzustellen. Cornelius, dass ist Kristin, eine meiner besten und fähigsten Gefährtinnen.“

„Ich freue mich dich kennen zu lernen, Kristin!“ Cornelius hielt ihr die Hand zum Gruss hin.

Zaghaft drückte Kristin die Hand des Präsidenten uns stammelte.

„ja.. äh … ich … ich bin ebenfalls erfreut…“

Der Alte erhob sich und stützte sich auf seinen Stock, dann schritten die drei die Anhöhe hinunter.

„Ich hoffe ich lerne deine anderen Gefährtinnen auch noch kennen, von denen man soviel Gutes hört.“ Erkundigte sich Cornelius.

„Selbstverständlich! Alle, auch wenn es so viele sind. Aber den engeren Kreis wirst du sicherlich vollständig begrüßen können.“

Sie erreichten schnell den prall gefüllten Innenhof. Das Geschnatter und Geschwätz verstummte als Cornelius erschien und die Blicke wie ein Magnet auf sich zog. Elena geleitete ihren alten Freund sicher durch die Massen.

Damit hatte wohl niemand gerechnet. Eine gelungene Überraschung.

 

Die Kunde von Cornelius Erscheinen machte schnell die Runde und erreichte schließlich auch

Madleen. Es war Alexandra die ihr diese Nachricht überbrachte.

„Tatsächlich? Cornelius ist hier? Und du irrst dich auch nicht Alexandra?“

„Wie sollte ich? Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen, wenn auch nur in einer angemessenen Entfernung.“

„Da bin ich wirklich platt!“ Madleen ließ sich in einen Sessel fallen.

„Das ist, ja das ist zu phantastisch. Ich finde einfach keine Worte. Der Präsident Melancholaniens bei der Hochzeit meiner Tochter.“ Schaltete sich Annett wie von Blitz getroffen ein. „Da kannst du mal sehen, welch wichtige Person du inzwischen bist, mein Töchterchen.“

„Ach Mutter rede doch keinen Unsinn. Cornelius ist doch nicht meinetwegen gekommen. Für Elena ist er so was wie ein Vater und die beiden sind vor langer Zeit im Streit auseinander gegangen. Und jetzt ist er hier. Das bedeutet Elena ungeheuer viel. Kannst du dir die Tragweite dessen vorstellen, was hier geschieht.“

„Kann ich nicht beurteilen, meine Tochter. Aber ich fühle mich schon ein wenig geschmeichelt, solch hohen Besuch empfangen zu dürfen.“ Schwärmte Annett.“Denk dran, wir waren vor nicht all zu langer Zeit selber einmal Bürger Melancholaniens“

Madleen ging nicht weiter darauf ein, sondern wandte sich Alexandra zu.

„Sag, wie findest du ihn? Was machte er für einen Eindruck?“

„Also, wenn du mich fragst, sah er irgendwie krank aus. Auf einen Stock gestützt, das Gehen viel ihm offensichtlich schwer. Er wirkte angespannt und ein wenig verkrampft aber andererseits schien es ihm sichtlich Freude zu bereiten Elena wieder zu sehen.“ Antwortete Alexandra.

„Kann ich mir vorstellen. Man redet  schon seit geraumer Zeit davon, dass er krank ist. Dieser Umstand ist es auch der Elena bedrückt.“

„Kennst du Cornelius eigentlich persönlich?“ Wollte Alexandra wissen.

„Nein bisher noch nicht. Wie sollte ich auch, denn Elena hat sich mit ihm überworfen, lange bevor wir uns kennen lernten.“ Gab Madleen zu verstehen.

„Also haben wir gleich doppelten Grund zum feiern. Neben der Hochzeit auch noch eine Versöhnung.“ Stellte Alexandra fest.

„Das ist ja alles schön und gut,“ warf Annett ungeduldig ein. „Wir müssen uns aber jetzt wirklich zum Aufbruch rüsten. Zuerst die Hochzeit, dann die Versöhnung, das würde ich vor schlagen, wenn ihr mich fragt. Aber mich fragt ja offensichtlich keiner.“

 

Endlich war der große Moment gekommen. Das Ritual konnte wie geplant im Freien stattfinden.

Die Bräute machten sich jede für sich auf den Weg, begleitet von einigen Menschen, die ihnen besonders nahe standen.

Madleen wurde natürlich von ihrer gesamten Familie begleitet, da kam schon eine ganze Menge zusammen, außerdem noch von Alexandra, Eve, Kim, Cassandra, Sonia

Mit Elena kamen Colette, Gabriela, Kristin, Chantal, Kyra, Inga und Luisa. Zu ihrer großen Freude schritt auch Cornelius an ihrer Seite.

Nach kurzer Wanderung gelangten die getrennten Gruppen dann zur Kirschplantage die sich am anderen Ende der gewaltigen Klosteranlage bis zum Waldrand erstreckte. Die Zweige an den Bäume präsentierten sich in einer solch dichten Blütenpracht, dass sich der Eindruck aufdrängte, als habe sich frisch gefallener Schnee darauf ausgebreitet. Richtete man seinen Blick gen Südwesten ,blickte man direkt auf die Berge des Grauhaargebirges, davor ragte das berühmte Sandsteinmassiv in den Himmel.

Ihren Weg säumten unzählige Menschen. Nie zuvor hatte Elena in dieser Gegend eine so große Ansammlung gesehen. Zu ihrer Freude waren die Massen aber nicht bis zum Endpunkt vorgedrungen. Eine Unmenge von  kürzlich verstreuten Blumen pflasterten den Weg.

Nach dem sie ihre jeweiligen Begleiter zurückgelassen hatten bewegten sich Elena und Madlleen die letzten 300 m allein aufeinander zu. Barfuss schritten sie über das Blumenmeer.Kleider und Haare der beiden wehten im aufkommenden Wind.

Der Altar war bereits am Vortage hergerichtet wurden. Viel war dafür nicht von Nöten.

Ein kleiner Findling am Rande der Sandsteine, der hier etwa 2m aus dem Boden ragte, eignete sich wie dafür geschaffen. Vor undenklich langer Zeit fand er hier seinen Platz, von der Natur schon vor Urzeiten geformt und geschliffen, ohne menschliches Zutun. Ein Meer aus Frühlingsblumen umgab ihn wie ein Kreis.

Direkt vor dem Gesteinsblock befanden sich die Insignien der vier Elemente. Eine Schale mit brauner Muttererde symbolisierte das Element Erde, eine Schale mit frischen Wasser stand für das Element Wasser, ein Räuchergefäß stellte das Element Luft dar und eine brennende Öllampe schließlich das Feuer. An den vier Ecken  aufgestellt.

In der Mitte ein großer Kelch, das Symbol der großen unsichtbaren Mutter, der geheimen Kraft aus der Urzeit, umrundet von einem großen weißen Leinenschal. Natürlich auch noch eine kleine Ansammlung von Blumen.

Auf einem etwas kleineren Stein direkt unterhalb des Findlings, eine Schale mit einem frisch gebackenen Kuchen und einem Becher Wein. Des weitern eine kleine Schatulle mit zwei goldenen Ringen.

Die Spitze des Findlings schmückte die Fahne mit den Farben der Akratasischen Föderation.

Das Brautpaar schritt aufeinander zu, bis sie sich vor dem Altar von Angesicht zu Angesicht wiederfanden und sich die Hände reichten.

Nun begann die eigentliche Zeremonie.

„Meine Geliebte, ich freue mich das du zum Altar gekommen bist um dich mit mir zu verbinden.“ Begrüßte Elena Madleen.

Diese wiederholte die Begrüßung.

Hand in Hand umrundeten sie daraufhin dreimal hintereinander den Altar, bis sie schließlich wieder vor ihm zum stehen kamen.

Nach einer kurzen Weile stiller Andacht erhob Elena ihre Hände und sprach.

„Ich Elena gelobe dir Madleen im Angesicht der großen unsichtbaren Freiheitsgöttin und vor aller Welt, dich als meine Frau, als meine Gefährtin zu erklären. Gleichberechtigt wollen wir von nun an als Paar durch`s Leben schreiten, in guten wie in schlechten Zeiten. Alles miteinander teilen, uns die Treue halten im Herzen, füreinander da sein, miteinander alt werden bis uns der Tod auseinander reißt. Du sollst meine Erbin sein, sollte ich vor dir den Weg auf die andere Seite des Ufers gehen,

du sollst meinen Namen tragen vor aller Welt.

Ich will dich lieben, ich will dich ehren, ich will für immer an deiner Seite stehen.“

Elena ließ ihre Arme sinken, Madleen erhob ihre Arme zum Altar und sprach die gleichen Worte.

Danach schritten sie zu dem kleinen Stein. Elena griff einen der beiden Ringe und steckte ihn ihrer Braut an den Ringfinger derer rechten Hand, dazu sprach sie:“Mit diesem Zeichen nehme ich dich zur Frau!“

Madleen nahm im Anschluss den anderen Ring steckte ihn ihrer Gefährtin an den Finger und gelobte in der gleichen Weise.

 Elena nahm den Kuchen in die Hände erhob diesen kurz in Richtung Altar, brach ein kleines Stück davon ab, steckte es Madleen in den Mund und sprach:

„Nimm diesen Kuchen, gebacken aus den Früchten der Erde, die, gewachsen im Schoße der Urmutter, dich daran erinnern sollen, das du  ein Teil von ihr bist, so wie du jetzt auch ein Teil meiner selbst bist. Auf das dir Gesundheit und ein langes Leben sei vergönnt.“

Dann verstreute sie ein paar Krümel des Kuchens auf den Boden, als Zeichen dafür, dass sie die Große Mutter mit einbezog.

Madleen wiederholte das Ritual  mit  den gleichen Worte.

Elena erhob den Kelch mit Wein, hielt ihn zu Altar gerichtet in die Höhe. Dann reichte sie diesen ihrer Braut an den Mund und gab ihr mit den folgenden Worten zu trinken:

„Nimm diesen Kelch und trinke den Wein, die Frucht des Weinstockes, gereift im Schoße der Urmutter. Er soll dich daran erinnern, das du jetzt ein Teil von ihr bist und ein Teil von mir.

Auf das Weisheit, Liebe und Mitgefühl den Leben reichen machen.“

Sie tauchte den Zeigefinger kurz in den Wein und verspritzte ein paar Tropfen auf den Boden.

Madleen wiederholte mit den gleichen Worten und Gesten die Prozedur.

Elena ergriff den weißen Leinenschal, umschlang damit ihre und Madleens Taille, so dass sie eng beieinander standen. Sie streckten ihre Hände nach vorne aus und legten die Handflächen aneinander.

Beide sprachen“ Wir sind verbunden für alle Zeit. Sei willkommen in meinem Leben. Mit dir gehen will ich, mit dir stehen bis in alle Ewigkeit.“

Damit war die Zeremonie im Wesentlichen beendet.

Da plötzlich, wie aus dem Nichts tauchten sie auf ,die zwei Bussarde , weit über ihnen zogen sie am wolkenlosen Himmel langsam und erhaben ihre Kreise, dabei ihr lautes Glucksen von sich gebend, gerade so als wollten sie auf diese Weise den beiden ihren ganz besonderen Segen spenden.

Die beiden umarmten und küßten sich leidenschaftlich, worauf von allen Seiten her ein tosender Beifall einsetzte.

Elena löste den Leinenschal und legte diesen ihrer Frau um den Hals. Dann nahm sie deren Hand, gemeinsam schritten sie auf eine etwas höher gelegen Stelle, von der sie eine bessere Sicht über die Umgegend hatten und auch von der versammelten Menschenmenge gesehen wurden. Sie hob ihre und Madleens Hand in die Höhe, dass hatte einen noch größeren Beifall zur Folge.

Madleen legte den Schal nun um beider Schultern. Hand in Hand schritten sie von der Anhöhe herab, nun gemeinsam über den mit Blumen bedeckten Weg.

Über ihre Köpfe ergoß sich ein Konfettiregen. Schließlich trafen sie auf ihre Angehörigen, wurden von ihnen mit großer Freude in Empfang genommen und sicher zum Abteigelände geleitet.

Nun konnte das große Fest beginnen

An der langen Tafel nahmen all jene Platz , die dem Brautpaar in besonderer Weise nahe standen. Besonders glücklich schätzte sich Elena, dass sich Cornelius an ihrer Seite nieder lies.

Nun lernte er endlich die andere Braut von Angesicht kennen.

„Hier stelle ich dir meine Liebste vor, Cornelius. Nun könnt ihr euch persönlich begrüßen.“ Elena führte Madleen  auf Cornelius zu.

„Ich grüße dich Madleen. Ja, Elena hat nicht übertrieben, du bist eine wunderschöne Frau.

Ihr beiden seit wie geschaffen  füreinander.“ Sprach Cornelius und schloss Madleen in seine Arme.

„Ich freue mich auch dich kennen zulernen. Elena hat so viel von dir erzählt.  Schon lange wünschte ich mir, dir einmal persönlich zu begegnen.“

Im Anschluss drückte Cornelius auch Elena. Dann nahmen alle Platz.

Die Schar der Gratulanten riss nicht ab. Die ausgelassene Stimmung kam von Herzen. Es wurde getanzt und gelacht bis tief in die Nacht . Den Höhepunkt der Feierlichkeit markierte zweifelsohne Madleens Tanz um Mitternacht. Die begnadete Tänzerin konnte ihr Können in besonderer Weise unter Beweis stellen. Ihre engelgleiche Gestalt strahlte eine sinnliche Faszination aus die alle Anwesenden in den Bann zog. Es schien, als sei eine Göttin herabgestiegen um mit diesem Tanz ihre Genugtuung zu bekunden.  Auch Madleen trug deren Kraft in sich, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Und durch ihren Bund mit Elena vereinigten sich beider Begabungen.

 

Endlich, tief in der Nacht hatte sich das frisch vermählte  Paar zurückgezogen, Die Gäste sahen ihnen das ohne Vorwurf nach. Die beiden wollten einfach mit sich und ihrer Liebe sein.

Es war ihr Tag und den hatten sie sich redlich verdient.

Heiter und ein wenig beschwibbst erreichten sie die Wohnungstür.

„Also, jetzt müssen wir uns nur noch darüber einigen, wer sich über die Schwelle tragen lässt?“ Kicherte Elena beschwingt.

„Oh, daran hab ich gar nicht gedacht. Also Elena, du musst dich schonen. Also steig auf meine Arme.“ Gab Madleen belustigt zur Antwort.

„Ach, wir tragen uns am besten gegenseitig und schweben in unser Paradies.“ Meinte Elena und schlang ihre Arme um die soeben Angetraute.

„Ja, genauso machen wir das, schließlich sind wir in allen gleich.“ Lachte Madleen

In freudiger Erwartung tauchten sie in ihr kleines Reich. Sie hatten es für sich allein. Um Tessa würde sich, wie schon so oft in letzter Zeit, Kristin kümmern.

Nun konnte endlich die viel gepriesene Hochzeitsnacht beginnen, schnell entledigten sie sich ihrer Kleider.

Nackt standen sie sich gegenüber, schlossen sich in die Arme und spürten ihre warmen weichen Körper. Küsse, Streicheln, Liebkosungen. Sie ließen sich auf ihr weiches Bett wie in den Schoß der Großen Mutter fallen. Was nun folgte war Leidenschaft pur.

Es bedurfte keiner Worte mehr. Schon so oft hatten sie sich geliebt.

Trotzdem aber hatte es den Anschein, als erlebten sie ihre erste Liebesnacht noch einmal ganz von neuem, nur unter einem völlig anderen Vorzeichen.