Partnertausch

 

Der Schwesternbund konnte auch in der Folgezeit ein rasantes Wachstum verzeichnen. Immer mehr vor allem junge Frauen kannten nur ein Ziel im Leben, sich den Töchtern der Freiheit anzuschließen. Aber auch ältere wagten zuweilen noch diesen Schritt, eine Altersbegrenzung gab es nicht. Angestrebtes Zeit war eine möglichst weit reichende Harmonie.

Natürlich ließen sich Konflikte nicht vermeiden, schließlich lebte man, bzw. frau eben nicht im Paradies sondern in der Realität und die konnte zuweilen ausgesprochen stressig erscheinen. Nicht immer waren sie ein Herz und eine Seele, auch wenn sich das alle wünschten. In Folge dessen kam es zu Konflikten zwischen den Schwestern, daran litt die gesamte Gemeinschaft. Doch zumeist konnten diese relativ schnell beigelegt werden.

Vor allem Elena und Colette fungierten hier als Schlichterinnen.

Einer dieser Konflikte drohte jedoch zu einem Dauerzustand zu mutieren, jener zwischen Madleen und Chantal. Kaum wahrnehmbar, da es keine verbale Auseinandersetzungen gab, aber unterschwellig war er allseits präsent. So hatte es den Anschein.

Nach wie vor pflegten beide ein distanziertes Verhältnis zueinander, man konnte versucht sein an zunehmen, dass sie sich bewusst aus dem Wege gingen.

So durfte es nicht weitergehen, denn am Ende würde die Schwesternschaft, womöglich die gesamte Kommune Schaden daran nehmen.

Es kam darauf an die beiden zu versöhnen,doch zu diesem Zweck war es erforderlich, dass sie erst einmal in Kontakt zueinander traten. Das war bisher noch nicht geschehen, außer ein paar

beiläufigen Begrüßungsfloskeln kommunizieren sie so gut nie miteinander.

Wie konnte man dem Abhilfe schaffen? Elena stand vor einem Rätsel.

Es konnte nicht sein, dass Chantal noch immer von Eifersucht auf Madleen geplagt wurde, weil diese ihr Elena  ausgespannt hatte. Schnee von gestern. Chantal lebte mit Eve zusammen und die schwebten unaufhörlich in ihrem jungen Glück. Zunächst schien die Situation dadurch entschärft. Offensichtlich ein Irrtum. Ein Eingreifen also unausweichlich. Doch auf welche Weise konnte man die beiden zusammenbringen, so dass sie ausreichend Gelegenheit bekamen ausführlich über ihre Gefühle zu reden?

Lange zerbrach sich Elena ihren hübschen Kopf darüber, bis sich eine famose Idee meldete.

Madleen und Chantal sollten ein gesamtes Wochenende miteinander verbringen, ganz allein und so gut es ging ohne Kontakt zu anderen Bewohnern der Abtei.

Diese Zeit sollten sie nutzen um sich gründlich auszusprechen. Wie sie das taten blieb ihnen überlassen, beisammensitzen, oder etwas unternehmen, gemeinsam kochen, backen oder kreativ sein, alles war möglich.

 Doch konnte das funktionieren in Anbetracht der Tatsache, dass beide in Partnerschaften lebten.

Ganz uneigennützig dachte Elena diesmal nicht, denn die beiden Strohwitwen hatten nun ihrerseits Gelegenheit die Zeit gemeinsam zu nutzen. Elena trachtete schon seit geraumer Zeit danach Eve, diese kesse Göre, die ihr von Anfang an ans Herz gewachsen war, näher kennen zu lernen.

Damit würde sich ihr eine einmalige Möglichkeit bieten. Sie wollte etwas über Eve in Erfahrung bringen, wie sie sich fühlte, so als Ausländerin in der Fremde. Ging es ihr gut?

Hatte sie Heimweh? Plagte sie sonst noch etwas?

Einen exakten Plan wie sie sich die Zeit vertreiben wollte hatte sie schon lange entworfen.

Während Madleen und Chantal in der Abtei blieben um in deren Abgeschiedenheit  auf einander zu zugehen, würde Elena Eve auf ihr Motorrad setzen und in die Weite der Natur abtauchen. Auch sie wünschte sich  ungestört mit der neuen Schwester zu verweilen.

Zunächst unterrichtete Elena ihre Gefährtin von ihrem Plan, die das Vorhaben zunächst vehement zurückwies. Nach einer Zeit willigte sie schließlich doch noch ein. Ausgesprochen überrascht zeigten sich auch Chantal und Eve, doch konnten die sich relativ schnell mit diesem ungewöhnlichen Plan anfreunden. Im Anschluss tauschten sie sich zu viert aus, machten Vorschläge oder legten auch Bedenken vor. Oberstes Prinzip: Es durfte unter keinen Umständen eine Verliererin geben, sollte sich so etwas abzeichnen, würde man das Experiment augenblicklich abbrechen.

Partnertausch, Mehrfachbeziehungen, polyamoröse Lebensweisen, konnte so etwas auf dem Boden der Abtei funktionieren? Immer wieder gab es Tendenzen in diese Richtung. Elena selbst hatte  in ihrem früheren Leben ausgesprochen promisk gelebt, glücklich wurde sie dabei nie. Die Begegnung mit Leander leitete ihre große Wende ein und sie lernte den Wert einer festen Beziehung zu schätzen. Nach Leanders Tod und der damit hervorgehobenen tiefen Krise erholte sie sich erst sehr zaghaft und fand schließlich bei Madleen ihr neues Glück. Sie hatte kein Bedürfnis nach anderweitigen Abenteuern, Madleen noch viel weniger.

Setzte sie ihr Glück mit diesem Experiment aufs Spiel? Dieses Risiko schwebte wie ein großer schwarzer Vogel über ihnen. Es galt also die Sache mit äußerstem Fingerspitzengefühl an zu gehen.

 

Eines Freitag nachmittags war es soweit.

Mitte September, der Sommer begann sich langsam aber sicher zu verabschieden, es wurde allmählich kühler aber dafür auch angenehmer. Das Laub an verschiedenen Baumarten war im Begriff seine Farbe zu wechseln, andere standen nach wie vor in sattem Grün.

Eine Zeit wie geschaffen für Ausflüge.

Ruhe senkte sich über das Tal dass die Abtei umgab. Die von dichtem Wald bedeckten Berge des Grauhaargebirges die sich dahinter erst zaghaft, dann aber immer steiler erhoben wirkten wie eine natürliche Festung,  wie geschaffen um der Gemeinschaft den nötigen  Schutz  für eine ungestörte Entwicklung zu gewährleisten.

Elena hatte ihre Mamasaki auf dem großen Hof vor den Wirtschaftsgebäuden geparkt und begutachtete ihren so sehr ans Herze gewachsenen Feuerstuhl. In letzter Zeit bot sich wenig Gelegenheit ihn auszufahren, deshalb freute sie sich besonders auf den Ausflug.

Nach einer Zeit erschien eine sichtlich aufgeregte Eve und gesellte sich ihr zu.

" Da bist du ja! Also ich wäre soweit, wenn wir wollen können wir aufbrechen? Hast du alles was du brauchst?“ Erkundigte sich Elena.

Eve trug einen mittelgroßen Rucksack auf den Schultern.

„Ja, ich bin bereit! Hast du denn kein Gepäck dabei?“

„Hab ich gestern schon in das Waldhaus gebracht. Dort finden wir alles was wir brauchen. Kennst du unsere romantische Hütte eigentlich schon?“ Erwiderte Elena während sie sich ihr Haar mit einem Bändchen zusammenraffte.

„Bisher noch nicht. Chantal wollte sie mir schon lange zeigen aber bislang ergab sich keine Gelegenheit. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich noch nicht viel erkundet habe seit meinem Eintreffen hier. Hm, ich hab schon ein wenig Angst in den Wald zu gehen, wegen der Grenze und so!“

Gab Eve zu verstehen.

„Absolut verständlich! Lieber etwas vorsichtiger sein. Das holen wir jetzt nach. Ich zeige dir unser kleines Paradies. Es wird dir mit Sicherheit gefallen.!“ Glaubte Elena zu wissen. Dann bedeutete sie Eve auf zu sitzen.

„Darf ich bitten! Nimm Platz und dann geht die Post ab!“

„Darf ich mich an dir festhalten? Die Hände um deine Taille legen?“ Fragte Eve etwas zaghaft.

„Aber selbstverständlich!“ So tat sie es bekanntlich bei jeder, die ihr auf ihre Maschine folgte.

Elena trat die Mamasaki an und unter lautem Heulen brausten sie auf und davon.

Das allseits berühmte Motorrad rollte dem Hintereingang entgegen. Die Wirtschaftsgebäude hinter sich lassend ging es an den Ställen vorbei. Dann passierten sie die Gärten und schließlich die Obstplantagen, zwischen den Forellenteichen hindurch auf die Weide. Eve bestaunte noch einmal von neuem die Größe des inneren Geländes. Was für ein herrliches Anwesen. Immer deutlicher näherten sie sich der Waldgrenze und von da wurde es auch immer steiler. Eve klammerte sich an Elena , sie vertraute deren Geschicklichkeit und Ortskenntnis. Sie richtete den Blick nach hinten. Mit jeden Meter den sie vorwärts schoben, verkleinerte sich die Abtei. Noch war die Straße befestigt. Sie konnte gerade noch die umliegenden Gehöfte und Dörfer erblicken. Wirklich eine sehr ländliche Gegend. Dann umschloss sie dichter Laubwald. Elena beschleunigte nochmals und trieb ihre Mamasaki weiter voran. Sie verließ die asphaltierte Straße und bog einen Feldweg ein, von nun an ging es über Stock und Stein. Unter ihrer schweren Last knackten die heruntergefallenen Zweige und verdorrten Äste wie Streichhölzer. Schließlich ging es ausnahmsweise mal wieder geradeaus. Der Weg wurde zudem etwas breiter. Uralte Bäume säumten ihren Weg. Dann stoppte Elena. Eve blickte nach rechts und konnte nun erstmals genauer das kupferrote Sandsteinmassiv bewundern. Bis hier hatte sich Chantal mit ihr nicht getraut. Mit ihrer Liebsten hatte sie den Wald eher nur gestreift. Vor Staunen blieb ihr der Mund offen stehen, als sie die von Naturgewalten so eindrucksvoll geformten majestätischen Skulpturen bewunderte. Hoch über ihnen ließ sich ein Bussard im Winde treiben.

Nichts schien den Frieden und die Erhabenheit dieses Ortes zu stören.

 

„Wau, so etwas habe ich noch nie gesehen. Ist das Natur oder von Menschenhand geschaffen?“

„Alles was du vor dir siehst ist das Werk von Mutter Natur. Sie ist die größte Meisterin, kein irdischer Künstler kann sich mit ihr messen!“ Erklärte ihr Elena.

„Darf….darf ich es berühren?“

„Ja, natürlich! Komm, wir gehen zusammen hin!“ Erwiderte Elena nachdem sie sich vom Sattel geschwungen hatte.

Eve platzierte sich vor dem großen halbrunden Menhir in der Mitte, der mindestens 30 m in die Höhe ragte und ließ ihre Handflächen über die glatte Oberfläche gleiten, den Blick dabei nach oben gerichtet. Sie wollte etwas sagen, doch die Worte stockten auf ihren Lippen.

„Spürst du ihre Kraft?“ Wollte Elena wissen.

„Ich…ich spür gar nichts. Nein, jetzt doch. Es ist, wie soll ich sagen, so einen Art von kribbeln, ganz leicht. Fast wie ein Kitzeln in den Händen. Was meinst du? Wessen Kraft soll ich spüren?“

„Die Kraft des Ursprungs. Die Kraft der Urenergie, immer mehr Menschen beginnen sie wieder als die Urgöttin zu betiteln als Mutter Erde, Gaia oder einen der vielen weiteren Namen die man ihr gegeben.. Schon vor tausenden von Jahren kamen Menschen hierher um ihr zu huldigen. Die Urenergie ist unsere Verbündete. Sie gilt es zu erforschen um immer tiefer in ihr Mysterium einzudringen.“ Elenas Worte klangen schon wie ein philosophischer Vortrag. Dann legte sie ebenfalls ihre rechte Handfläche auf das Gestein. „Ich möchte auch dich mit ihr vertraut machen, Eve. Beginne dich damit zu beschäftigen, werde ihre Freundin. Öffne dein Herz für ihren Energiestrom, es wird dir gut tun.“

„Ich…ich will es versuchen!“ Ehrfurcht sprach aus Eves Worten, obgleich sie selbst noch nicht  verstand, was es damit auf sich hatte.

Eine ganze Weile verharrten sie in dieser Stellung, bis Elena Eves Hand ergriff.

„Komm, wir müssen weiter. Aber wir werden wieder hierher zurück kommen. Ich spüre wie sie schon jetzt von dir Besitz ergriffen hat.“

Ehrfürchtig verneigten sie sich vor dem Wald, begannen sie allmählich im Wind eine Liebkosung zu spüren und ein Lächeln im Rauschen der Blätter von Ulme, Esche und Eiche. Der Gesang der Stille machte sie glücklich.

Hand in Hand schlenderten sie zum Motorrad zurück und setzten ihre Fahrt fort.

 

Sie waren schon eine ganze Weile gefahren, als es Eve durch die Sinne fuhr, sie bedeutete Elena zu halten.

„Was ist denn?“

„Wir sind schon eine ganze Weile unterwegs. Müssen wir nicht vorsichtig sein? Ich meine wegen der Grenzbefestigung. Die sollte doch bald kommen, oder? Haben wir die etwa aus Versehen passiert?“

Elenas Mund verformte sich zu einem verführerischen Lächeln.

„Das ist gut möglich! Mach dir keine Sorgen. Erstens ist unser Besitz recht groß. Die Hütte die wir erreichen wollen liegt auf jeden Fall noch auf unserem Territorium. Aber es kann sein das wir mehrmals die Grenze überschritten haben. Sei ohne Furcht. Es gibt hier jede Menge Schlupflöcher.  Manchmal sind die Stellen etliche Meter breit. Es scheint als ob die Bauarbeiter uns insgeheim helfen wollten, als diese die Anlage errichteten. Ich bin  hier des Öfteren unterwegs und dabei schon viele Mal weit auf Neidhardts Staatsgebiet vorgedrungen, ohne dass es irgend jemand auch nur bemerkte.“ Versuchte Elena ihre neue Freundin zu beruhigen.

„Aber wenn man die Verlautbarungen in euren Medien hört ,könnte man glauben hier befinde sich eine der best bewachten Grenzbefestigungen der Welt?“ Wunderte sich Eve.

„Reine Propaganda! Neidhardt erklärt vollmundig alles im Griff zu haben. Aber er selbst weiß es besser. Er will nur aller Welt beweisen wie hart und radikal er durchzugreifen vermag. In Wirklichkeit gleitet ihm nach und nach immer mehr aus der Hand. Wir hoffen dass er bald von sich aus darauf kommt wie unsinnig diese Grenze ist.“ Fuhr Elena in ihren Erläuterungen fort.

„Aber dann könnten wieder viele kommen, die bei euch….ähm bei uns leben wollen. Könnte das nicht auch zu einem Problem werden?“

„Richtig! Im Grund tut uns Neidhardt mit dieser Grenze sogar einen Gefallen. Wir müssten uns in der Tat sehr strecken um eine Fluchtbewegung von größerem Ausmaß verkraften zu können. Daran kannst du sehen wie wichtig es ist ganz Melancholanien mit einzubeziehen.

Akratasien wird sich ausbreiten müssen über das gesamte Staatsgebiet.“

Elena trat ihre Maschine an und sie setzten ihre Fahrt fort. Nun ging es langsam und behäbig weiter, so dass Eve genügend Gelegenheit hatte die Umgebung genauer in Augenschein zu nehmen.

Wo die Bäume den Blick ins Tal freigaben ,konnte man immer wieder einen Blick auf die Abtei erhaschen, die sich wie ein Gebäude aus dem Spielzeugland präsentierte.

„Eine merkwürdige Landschaft ist das, findest du nicht auch?“ Sprach Eve zu Elena während sie sich noch fester an die Freundin klammerte.

„Ich meine diese Gegensätze. Da unten die Ebene, dann hügelig und schließlich Berglandschaft, alles so dicht beieinander.“

„Unsere Landschaft ist von solchen Gegensätzen bestimmt und es kommt noch besser. Wenn wir uns weiter nördlich halten kommen baumlose Felsmassive die über 1500 Meter in die Höhe ragen. Die sehen wir uns natürlich an, müssen aber vorsichtig sein, denn die befinden sich jenseits der Grenze.“

Elena schwenkte die Mamasaki ein wenig und nun ging es ein stückweit nach unten, schon tauchte eine äußerst geschmackvoll gestaltete rustikale Holzhütte auf.

Elena brachte ihr Stahlross zu stehen.

„ Wau, ist das cool. Eine Hütte sagtest du Elena, ich würde eher sagen das ist schon ein richtiges Haus.“

„Zwei Stockwerke und sogar noch ein Spitzboden. Wir haben es uns auch richtig gemütlich eingerichtet. Du wirst staunen.“

Elena streckte sich und schüttelt ihre Glieder aus, während Eva noch immer staunend auf der Mamasaki verharrte. 

Kommst du?“ Elenas Einladung klang verführerisch.

Gemeinsam betraten sie das Innere der eigenartigen Behausung.

Die Hütte war ganz nach alpinem Stil errichtet. Durch einen kleinen Flur erreichten sie einen geräumigen Gemeinschaftsraum. Das gesamte Zimmer war mit dunkelbraunen Paneelen abgeschlagen An den Wänden dazu passend Schränke die an eine Bauernstube aus dem 19 Jh. erinnerten. Ein gusseiserner Kanonenofen, dessen Rohr geschickt durch die Außenwand nach draußen führte. Tische und Stühle die sich dem Ambiente anpassten. An den Wänden viele Bilder. Landschaftsaufnahmen , aber auch Tierporträts, alles geschmackvoll in rustikale Rahmen gefasst.

„Komm zieh die Schuhe aus, wir wollen den Teppich nicht beschmutzen.“ Bestimmte Elena und Eve folgte der Anweisung.

„Hier der Gemeinschaftsraum, wenn du durch die Tür geht’s kommst du in die Küche. Die Schlafzimmer sind im oberen Stockwerk. Alles einfach eingerichtet.“

„Ja, aber sehr gemütlich, total zum wohl fühlen. Gefällt mir ausgezeichnet.“ Begeisterte sich Eve.

Die Küche war ebenfalls im Stile eines Bauernhauses eingerichtet.

„Wie du siehst haben wir hier alles was wir brauchen. Dass wir bisher noch keine Wasserleitung verlegen konnten verstehst du sicher. Ist ein wenig schwierig. Aber auf ein schönes Bad brauchen wir trotzdem nicht zu verzichten. Die Hütte ist nicht durch Zufall an dieser Stelle errichtet wurden. Gleich hinter dem Haus entspringt eine Quelle, die versorgt uns mit dem Wasser dass wir brauchen. Wir haben es geprüft, einwandfreie Qualität. Trinkwasser vom feinsten. Wir füllen damit Tanks und haben das Wasser im Haus.“

Elena führte Eve in das Badezimmer.

„Natürlich müssen wir es im Badeofen kochen, ein wenig umständlich aber das macht dir sicher nichts aus.“

„Aber nie im Leben! Hab schon bedeutend schlechter geduscht“

„Wir haben oben vier Schlafzimmer, such dir einfach eines aus. Leb dich erst mal richtig ein.

Ich sehe derweil mal nach, ob auch alles was wir brauchen im Hause ist.“

Eve tat wie ihr geheißen und machte es sich gemütlich.

 

Etwa zur gleichen Zeit als Elena und Eve ihre Wochenendbehausung bezogen, klopfte Chantal an Madleens Wohnungstür. Sie war aufgeregt und atmete hastig Bisher verbrachte sie nie länger als 5 min in Madleens Nähe und dann auch nur um die nötigsten Worte mit ihr zu wechseln. Sie hatte nicht die geringste Ahnung wie die Begegnung  ablaufen sollte.

Die Tür öffnete sich und Madleen erschien, um deren Mund sich ein sanftes Lächeln bildete.

„Komm rein Chantal! Schön dass du da bist! Ich dachte schon du würdest nicht kommen. Jetzt bin ich erleichtert.“

Das deutete darauf hin, das ihre Gastgeberin von ähnlich gemischten Gefühlen heimgesucht wurde.

„Danke!“ Zaghaft betrat Chantal den kleinen Flur. Eigenartig, sie wohnten beide im gleichen Haus, im großen Konventsgebäude, aber es kam Chantal so vor als habe sie etliche km zurücklegen müssen um hierher zu gelangen.

„Komm ins Wohnzimmer, mach es dir erst mal bequem!“ Lud Madleen ein.

Wortlos folgte Chantal und nahm auf einem Sessel Platz. Die Freundlichkeit ihres Gegenüber irritierte sie ein wenig. Kam diese aus echtem Antrieb, oder war sie aufgesetzt? Chantal vermochte es nicht zu sagen.

„Was kann ich dir Gutes tun? Magst du einen Tee? Ich kann gerne einen kochen?“

„Äh…ja gern! Tee ist immer gut!“ Erwiderte Chantal noch immer verlegen.

Madleen verschwand wieder in der Küche. Zeit zum Durchatmen, Zeit zum Überlegen.

Chantal wurde auf einmal bewusst, dass sie Elenas ungewöhnlichem Vorschlag offensichtlich etwas zu voreilig zugestimmt hatte.

Ein ganzes Wochenende? Wie sollte sie das durchhalten ,aufgrund der Tatsache das ihr schon jetzt der Gesprächsstoff auszugehen drohte. Ganz einfach. Nachdem Madleen mit dem Tee fertig war, würde sie den in Ruhe mit ihr trinken, dabei krampfhaft den Versuch einer Konversation versuchen, sich im Anschluss verabschieden mit dem Argument, es sich doch noch anders überlegt zu haben. Immerhin hatte Elena allen Teilnehmerinnen dieses Experimentes eine solche Möglichkeit eingeräumt.

Dann könnte sie für den Rest des Wochenendes ausspannen, Dinge tun, die ihr ansonsten nur schwer durchführbar erschienen und sehnsuchtsvoll die Rückkehr ihrer Geliebten Eve erwarten.

Nicht sehr originell, aber immer noch eine gute Möglichkeit sich aus der Affäre zu winden.

Doch nachdem Madleen erschienen, das Geschirr aufgetragen und den Tee in die Tassen gegossen hatte, musste sich Chantal gestehen, wie undurchführbar ihr Ansinnen war.

Diese liebenswerte und zudem sinnliche Aura verbot es jeden Menschen sich hier einfach zu verkrümeln. Wie schön sie doch war. Chantal kam es so vor als tat sich diese Erkenntnis erst jetzt vor ihren Augen auf. Sie wollte etwas sagen, doch fand sie keine geeigneten Worte.

Täuschte sie sich, oder rang die andere ebenso mit sich und tat sich schwer damit einen Einstieg zu finden?

„Was glaubst du Chantal, was unsere beiden Abenteuerinnen gerade tun?“ Durchbrach Madleen das Schweigen.

„Hm, ich denke die haben erst mal in Ruhe das Waldhaus bezogen und machen es sich gemütlich?“

„Denke ich auch! Auf jeden Fall ist Eve in den besten Händen. Mit Elena an ihrer Seite kann gar nichts schief gehen und langweilig wird es auf keinen Fall. Da ist stets Action angesagt.“

„Ja, die werden auf jeden Fall viel Spaß mit einander haben!“ Erwiderte Chantal. Ob sie selber mit ihrem Gegenüber einen solchen teilen konnte würde sich noch erweisen, dachte sie daraufhin.

„Ist es dir schwer gefallen Elenas Vorschlag zu zustimmen um auf dieses Abenteuer einzugehen?“ Nun wurde Madleen konkret und Chantal dankte ihr dafür. Warum sich weiter mit irgendwelchen Floskeln auf halten.

„Eigentlich schon, am Anfang hab ich gar nicht weiter darüber nachgedacht, nur so kann ich mir erklären warum ich dem Ansinnen so schnell nachgab. Je näher aber der Tag rückte, desto größer wurde die Angst vor dem was mich erwartet.“

„Ich war zunächst strikt dagegen, konnte mir nicht erklären was das sollte. Erst zaghaft gab ich meine Zustimmung. Bei solchen Spielen gibt es stetes ein Risiko, man sollte nicht zu unbekümmert damit umgehen, auch wenn wir Offenheit praktizieren. Doch ich bin dazu imstande, weil ich Elena vertraue!“ Bekundete Madleen.

„Und ich vertraue Eve!“ Schloss sich dem Chantal an.

„Bist du noch immer eifersüchtig auf mich?“ Wollte Madleen auf einmal wissen.

Die direkte Frage schockierte Chantal ein wenig.

„Eifersüchtig? In wie fern?“

„Nun, ich meine aufgrund der Tatsache, dass ich dir Elena  ausgespannte habe. Ihr wart doch vor langer Zeit mal so was Ähnliches wie ein Paar. Ich würde gerne in Erfahrung bringen, was damals wirklich geschah. Immer wenn ich Elena darauf anspreche, weicht sie mir aus und beteuert, dass euch nur eine tiefe Freundschaft verbindet, weiter nichts. Doch ich kann dem keinen so rechten Glauben schenken.“

„Im Grunde hat Elena Recht!“ Bestätigte Chantal. „ Sicher, ich habe mir eine Beziehung gewünscht, dazu bekenne ich mich auch. Vieles aber habe mir nur eingeredet, wie ich im nachhinein feststellen musste. Elena war damals mit Leander zusammen, die beiden waren ein Paar und das wären sie auch geblieben, hätte nicht Leanders früher Tod alles zunichte gemacht. Zu keiner Zeit wollte ich Elena Leander  ausspannen, so wie ich sie dir jetzt nicht nehmen möchte:“

„Ich bin eine gute Beobachterin Chantal! Mir ist nicht entgangen wie du gelitten hast, damals nachdem du nach langer Abwesenheit wieder durch unsere Pforte kamst. Ich habe auch gelitten, denn ich bin nicht gern der Grund dafür, dass andere ins Unglück stürzen. Hast du mich gehasst?“

„Nein, zu keinem Zeitpunkt!“ Antwortet die Angesprochene mit Nachdruck, sie konnte es vor ihrem Gewissen verantworten weil es sich um die Wahrheit handelte. „Ich war versucht, aber schnell begriff ich, dass du keine Schuld an meinem Dilemma trägst. So faste ich den Entschluss, dich niemals zu hassen. Ich kann sogar sagen das sich dich gemocht habe von Anfang an. Leider fand ich nicht die Kraft, dir meine Gefühle offen zu gestehen. Das war sicher ein Fehler.“

„Auch ich verspürte dir gegenüber nie so etwas wie Feindschaft. Ein wenig neidisch war ich. das bin ich noch immer, aber das hat nichts zu sagen, denn so empfinde ich allen gegenüber die von Anfang an zur Gemeinschaft gehörten. Ich glaube, das Gefühl werde ich wohl nie mehr überwinden.“ Schloss sich Madleen an.

Mit jedem Wort das über Beider Lippen kam, wuchs das Vertrauen zu einander. Der Eispanzer begann zu schmelzen. Beide stellten bald zu ihrer Genugtuung fest, wie wichtig diese Begegnung war.

Im Laufe des Abends konnte wohl mit einem Durchbruch gerechnet werden.

„Bevor wir uns verplaudern fällt mir das Essen ein, das ich extra für uns zubereitet habe. Um ein Haar hätte ich es vergessen. Komm lass uns ins Esszimmer gehen!“ Lud Madleen ein.

„Wie? Du hast extra gekocht, für mich, ich meine für uns? Aber das hätten wir doch gemeinsam tun können!“ erwiderte Chantal etwas verlegen.

„Später können wir auch mal gemeinsam kochen. Heute bist du einfach mein Gast. Genieße es, lass dich verwöhnen!“ Madleens sanfte Einladung konnte niemand widerstehen, und Chantal folgte dieser in die Küche.

Immerhin tafelten sie gemeinsam auf, bevor sie sich zum Essen niederließen.

Chantal schien es einmal mehr einzuleuchten, weshalb alle immer so von Madleens Liebreiz schwärmten, von deren Freundlichkeit und steten Hilfsbereitschaft. Jetzt konnte sie sich ein objektives Bild von der Richtigkeit jener Aussagen  machen.

Sie ließen sich das Essen schmecken und kamen sich immer weiter näher. Später zogen sie sich wieder ins Wohnzimmer zurück.

Der Abend war schon reichlich fortgeschritten als sich Chantal verabschiedete. Sie hatten erreicht was sie zu erreichen hofften. Mehr würde nicht geschehen an diesem Tag. Das war auch nicht weiter tragisch, denn das gemeinsame Wochenende hatte gerade erst begonnen.

 

Auch Elena und Eve schliefen in dieser Nacht in getrennten Zimmern. Das zaghafte klopfen an Elenas Schlafzimmer hatte nicht stattgefunden, worauf Elena insgeheim gehofft hatte. Aber auch das war keinesfalls negativ zu werten.

 

Sie begannen den neuen Tag frühzeitig mit einem ausgiebigen Frühstück. Elena hatte sich vorgenommen Eve mit einigen wichtigen Dingen vertraut zu machen. Zu diesem Zweck beschlossen beide das Gelände weiter zu  erkunden.

Mit Rucksack und Wanderstab bewaffnet begaben sie sich zu Fuß in Richtung Norden.

Wohin das Auge sich auch richtete, schob sich der Wald vor, der seine Äste wie Finger in einander faltete. Wind fuhr rauschend durch die Blätter und von allen Seiten hüllte sie sanftes Gezwitscher der Singvögel ein.

Der Anstieg verlief recht steil und beanspruchte das Zwerchfell.  Ständig knackten Zweige unter ihren Füßen. Elena stellte fest das Eve sehr schweigsam war an diesem Morgen und das konnte nicht nur an dem steilen Aufstieg liegen. Nein Eve bewegte etwas in ihrem Herzen, das ihr offensichtlich zu schaffen machte. Es galt, so bald als möglich herauszufinden um was es sich dabei handelte.

Als sie sich zu einer ersten Rast an einer kleinen Quelle niederließen, brachte Elena gar nicht nach zu haken, denn Eve offenbarte sich von ganz allein.

„Ich habe Angst Elena!“

„Angst? Aber wovor denn Kleine!“

„Es ist nicht einfach zu erklären. Ich meine .ich liebe Chantal und ich möchte bei ihr bleiben.  Nun sitze ich hier mit dir alleine und ich fühle mich so als habe ich mich ein einen Ameisenhaufen gesetzt, so sehr zwickt es am ganzen Körper. Ich bemerke dass ich mich immer mehr in dich verliebe und ich weiß nicht wie ich damit umgehen soll. Ich will Chantal nicht verlieren, verstehst du?“

„Ich möchte Madleen auch nicht verlieren. Ich liebe sie sehr und habe seit ich mit ihr zusammen bin kaum das Bedürfnis verspürt mit anderen etwas anzufangen.“ Gestand Elena

„Ja aber, was tun wir dann, wenn es uns plötzlich erwischt? Wenn unsere Gefühle so stark werden, das wir uns ihrer nicht mehr erwehre können?“ Wollte Eve wissen.

„Ganz einfach! Wir lassen sie zu!“ Elenas Antwort beantwortete Eves Frage nicht, vergrößerte vielmehr deren Unsicherheit.

„Zulassen? Wie soll ich das verstehen?“

„Das ist unser Freiheitsverständnis! Wir haben die Freiheit alles zu tun was uns Freude, Frieden und Wohlbefinden schafft. Wenn wir uns gegen unsere Gefühle wehren, womöglich noch mit Brachialgewalt, lösen wir kein Problem. Im Gegenteil, wir machen es dadurch nur noch schlimmer. Indem wir aber auf die Gefühle eingehen, uns ihnen stellen und sie zulassen können wir frei davon werden. Deshalb ist es nicht anrüchig eine Affäre zu zulassen.“ Entgegnete Elena.

„Aber kann man denn überhaupt mehr als nur einen Menschen lieben?“ Eve sprach die alles entscheidende Frage aus an der sich offenbar die Geister schieden.

„Selbstverständlich! Es ist ganz normal dass du dich zu mehreren Menschen hingezogen fühlst und sogar Liebe empfindest. Das lässt sich auch gar nicht vermeiden. Eine andere Frage ist es, ob du mit mehreren Menschen gleichzeitig eine Beziehung einzugehen vermagst. In diesem Falle geht es vor allem um Verantwortung und die Gefahr den Menschen den du liebst, der dir von allem am nächsten steht, zu verletzen. Hier ist viel Fingerspitzengefühl gefragt und nur die allerwenigsten sind imstande das aufzubringen. Man sollte niemals leichtfertig mit diesem Thema umgehen.“ Erläuterte Elena und war sich der Tatsache bewusst selbst kaum in der Lage zu sein eine zufrieden stellende Antwort zu finden.

„Ich verstehe es und auch wieder nicht. Ich kann es also zulassen wie du sagst. Einverstanden, wenn es sich dabei um eine einmalige Sache handelt. Was aber, wenn ich nicht in der Lage bin wieder loszulassen. Ich meine, wenn ich mich nicht entscheiden kann und beginne darunter zu leiden.“ Eves Befürchtungen sprachen das Wesentliche an.

„Es ist kompliziert, ich weiß. Auch ich finde darauf keine eindeutige Antwort. Es ist viel darüber geschrieben und diskutiert wurden. Alle möglichen Leute wähnten sich als Experten und glaubten berechtigt ihre Meinung anderen vorzusetzen. Das meiste davon ist Unfug und Wichtigtuerei. In unserer Kommune versuchen wir einer Antwort näher zu kommen. Es gibt sie die Mehrfachbeziehungen, wenn auch im Moment noch nicht dominierend. Und mir graut davor sollten sie einmal überhand nehmen, denn nicht alle Menschen sind geeignet auf diese Weise zu leben!“

„Und du? Was ist mit dir? Glaubst du, dass du in der Lage bist mehrere Menschen auf einmal zu lieben und mit ihren eine Beziehung einzugehen?“ Eves Frage brachte Elena in eine arge Erklärungsnot.

„Oh, jetzt hast du mich erwischt! Da muss ich, um es dir genaue zu verdeutlichen ein wenig ausholen. Aber Zeit haben wir ja. Weißt du, früher  habe ich extrem promisk gelebt. Die alte Elena zählte viele Geliebte, männliche wie weibliche. Ich kostete das Leben in vollen Zügen, nahm mit was sich bot und machte ausgiebig Gebrauch davon, vor allem von den Menschen. Ich fand Befriedigung, zumindest zeitweise. Wahres Glück fand ich dabei nie. Dann trat Leander in mein Leben und erstmals wurde ich mit einem Gefühl konfrontiert, das man Liebe nennt. Bei ihm war einfach alles anders. Es ist, als ob du ein Leben lang vor dich hin dämmerst und dann kommt einer und öffnet dir die Augen. Als ich mit Leander zusammen war verspürte ich erstmals keine Lust nach weiteren Beziehungen. Für ihn wäre ich in der Lage gewesen monogam zu leben.

Nun, ganz richtig ist das nicht. Ich verspürte keine Lust nach anderen Männern, bei Frauen blieb eine unerfüllte Sehnsucht in meinem Herzen und ich glaubte eine kurze Zeit in Chantal weibliche Entsprechung gefunden. Doch schnell ließ ich ab davon, entschied mich für Leander.

Mein Leben hatte sich grundsätzlich verändert.“

„Jetzt beginnt es bei mir zu dämmern. Wie sehr musst du doch gelitten haben als er dir genommen wurde. Ich wage gar nicht zu empfinden, wie  dein Herz blutete.“ Glaubte Eve zu wissen. „Entschuldige! Ich hoffe ich habe jetzt keine alte Wunde aufgerissen?“

„Nein! Macht dir keine Sorgen, ist schon in Ordnung. Ganz habe ich seinen Tod bis heute nicht verwunden. Aber mit Madleen fand ich eine Gefährtin fürs Leben. Als ich sie traf war Leander schon lange nicht mehr am Leben. Ich weiß nicht wie oft ich mir den Kopf darüber zerbrochen habe mit der berühmten Was-wäre-wann-Frage.“

Elena schien in Rätseln zu sprechen.

„Mit welcher Frage?“

„Pass auf! Stell dir vor Madleen wäre in mein Leben getreten als Leander noch unter uns weilte. Hätte ich sie überhaupt kennengelernt? Da ich restlos glücklich war bedurfte es keiner weiteren Beziehung.

Wäre mir meine Geliebte aber trotzdem über den Weg gelaufen, wie hätte ich mich verhalten?“

„Schwer zu sagen! Also wenn ich ehrlich sein soll kann ich mir dich ohne Madleen gar nicht vorstellen. Ihr zwei seid, wie soll ich mich ausdrücken…. Ihr passt zusammen wie Pech und Schwefel. Das ist perfekt! Ihr seid ein Traumpaar!“ Begeisterte sich Eve geradezu.

„Danke! Siehst du. So denken viele. Aber musste Leander deshalb sterben? Wahrscheinlich sollte es so sein auch wenn das abgrundtief traurig klingt. Leander war dazu verurteilt seinen Platz für Madleen zu räumen. Eine intensive Liebe jener Art kann man nicht auf mehrere verteilen. Du kannst sie nur für einen Menschen aufbringen. Ich hätte Leander unmöglich neben Madleen lieben können, oder Madleen neben Leander. Nächtelange habe ich darüber simuliert und mir den Kopf zerbrochen ob es denn nicht vielleicht doch? Nein, es sollte einfach nicht sein. Eine große Liebe ist niemals teilbar, wenn sie echt ist!“

„Also darf ich mich nicht in dich verlieben! Ich sehe klar! Aber sag mir, wie soll ich gegen so ein starkes Gefühl ankämpfen!“ Enttäuschung schien aus Eves Worten zu sprechen.

„Aber so meine ich es doch nicht! Niemand muss gegen seine Gefühle kämpfen. Wenn du das tust, erreichst du gar nichts. Selbstverständlich darfst du mich lieben. Du bist nicht die einzige! Was glaubst du was geschieht wenn ich mich auf den Klosterhof stelle und rufe: Alle die Elena lieben raus treten! Der Hof ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Es ist nicht neu, dass sich Menschen in mich verlieben. Es kommt drauf an wie ich damit umgehe.“

„Und wie gehst du damit um?“ Eve wollte es nun genau wissen.

„Oh jetzt bringst du mich noch mehr in Verlegenheit! Das ist eine Frage, die man nicht mit ein paar Worten beantworten kann.“

„Ja natürlich! Aber ich meine…ich habe! Ach es ist so schwer das zu erklären. Nicht dass ich den Unsinn glaube der in den seichten Medien im Ausland verbreitet wird. Aber was ist dran an diesen Gerüchten? Ich meine jene die behaupten du würdest mit jedem schlafen der dir gefällt?“

Elena musste lachen.

„Das ist wieder typisch. Verstehen die Leute den Sinn einer Handlung nicht ,beginnen sie sich eine eigene Wahrheit zu stricken und schon ist das Gerücht in der Welt. Ich kann mir vorstellen auf was du hinaus willst. Du meinst den therapeutischen Beischlaf?“

„Ja, das wollte ich damit sagen!“

„Das ist einfach meine Art zu heilen. Heilung durch Berührung. Ich banne damit den Schmerz und das Leid der Menschen mit denen ich zusammen liege. Ich weiß schon seit geraumer Zeit dass mein Körper von geheimen Kräften durchdrungen wird. Ich kann sie auf diese Art an die Menschen weitergeben. Ich bin bei weitem nicht die einzige. Das vermochten schon andere vor mir. Denke da nur mal an Jesus?“

„An Jesus? Wie kommst du denn darauf? Jetzt versteh ich gar nichts mehr!“ Eve schien dieser Vergleich erheblich zu verwirren.

„Also! Was tat Jesus, wenn Menschen zu ihm kamen und Heilung erhofften! Richtig!

Und er legte ihnen die Hände auf…., lesen wir da immerfort. Heilung durch Hand auflegen.

Etwas anderes tue ich auch nicht, nur dass ich ein Stück weiter gehe und meinen gesamten Körper zum Einsatz bringe. Die sexuelle Energie, die erotische Aura, all das soll dazu dienen die Selbstheilung zu aktivieren.“

„Puuh! Das ist cool! Entschuldige, ein anderer Begriff fällt mir gerade nicht ein. Ich bin total von den Socken. Du willst damit sagen, dass du so ne Art von Geistheilerin bist? Kein Wunder das manche Leute von dir wie von einer Göttin sprechen. Das lässt alles in einem völlig anderen Licht erscheinen. Aber sag mal, ist denn Madleen dann nicht eifersüchtig wenn du mit andern vögelst? Oh Scheiße man! Entschuldige! Das ist mir jetzt einfach so raus gerutscht! Es war nicht meine Absicht…“

Elenas Lachen unterbrach die nun vollends verwirrte Eve. Sie rückte näher an sie heran und legte ihren Arm um deren Schulter.

„Ach meine Kleine! Du bist herrlich, in deiner Direktheit, dafür liebe ich dich! Aber um deine Frage zu beantworten, die ich als absolut ernsthaft betrachte.  Du hast Recht, vor allem an Anfang tat sich diese sehr schwer mit dem Gedanken. Und auch ich wurde immer wieder von schweren Gewissenbissen heimgesucht. Nichts auf der Welt liegt mir ferner als den Menschen den ich am meisten liebe zu verletzen. Inzwischen hat Madleen anerkannt dass ich in regelmäßigen Abständen mit anderen zusammen bin. Eine große Hilfe ist dabei Colette. Immer wenn ich in dieser Hinsicht beschäftigt bin, ist die zur Stelle und kümmert sich um Madleen. Das ist sehr wichtig, zu wissen, das der Mensch den man liebhat nicht allein zu warten braucht.“

„Ja gut! Du machst das um den Menschen zu helfen, um ihnen Heilung zu schenken. Das könnte jeder akzeptieren. Was aber wenn ich mich mit jemand einlasse weil ich ihn glaube zu lieben? Ist das nicht Treuebruch?“ Hakte Eve nach.

„Hm, ja und nein. Es kommt drauf an wie du den Begriff Treue definierst. Zunächst einmal ist es wichtig  zu wissen dass du mit dem Herzen treu bist und nicht mit den Genitalien, wenn es um eine kurzzeitige Affäre geht, die so schnell wie der Wind verweht. Du bist deiner Liebsten treu, auch wenn du mit einer oder einem anderen schläfst. Ist die Liaison vorüber, kannst du offenen Herzens zu deiner Partnerin zurückkehren. Wird aus der flüchtigen Begegnung eine ernst zu nehmende Beziehung sieht es schon komplizierter aus. Entscheidend ist, dass es niemals einen Verlierer geben darf. Das ist das A und O. All diese schönen Theorien über polyamore Lebensweisen brechen sich wie Wellen an den Klippen, wenn Eifersucht ins Spiel kommt, wenn sich der Partner oder die Partnerin vernachlässigt fühl, er oder sie leidet, traurig ist, womöglich in eine Krise gerät. Jede Medaille hat zwei Seiten, die Kehrseite der Liebe ist immer die Eifersucht. Die Liebe birgt den Keim der Eifersucht immer in sich, sie ist wie eine Regenwolke, die den Regen mit sich trägt.

Jene Wolke kann durchaus am Himmel vorüberziehen ohne sich ihrer feuchten Last zu entledigen, ebenso kann sie einen heftigen Platzregen über unsere Köpf gießen lassen, mit verheerenden Folgen. Genauso ist es mit der Liebe. Eifersucht ist wie ein Marterpfahl, unendlich scheint das Leid und die Schmerzen. Ihre Kraft ist zerstörerisch wie die schlimmste Krankheit. Sie vergiftet den Leib und die Seele und endet schlimmsten Falles mit dem gewaltsamen Tod eines der Beteiligten, nicht selten sogar aller Beider.“

„Du meist Mord aus Eifersucht?“

„Ja, genau dergleichen, wenn der Mensch sosehr dem Wahnsinn verfallen ist das er als einzigen Ausweg nur noch die Zerstörung der einst so geliebten Person sieht!“

„Tolle Aussichten! Da steht mir einiges ins Haus!“ Resignierte Eve.

„Ach was ! Das muss nicht sein! Wenn wir uns an Regeln halten können wir vieles verkraften.

Wenn es keinen Verlierer gibt, ist so manches möglich. Niemals darf sich ein Mensch ausgegrenzt oder an die Seite geschoben fühlen. Das ist unsere Goldene Regel. Leider haben das frühere Generationen nur schwerlich begriffen.“

Versuchte Elena zu beruhigen.

„Ich will versuchen es mir zu einzuprägen auch wenn ich noch nicht so recht verstanden habe.“ Grübelte Eve.

„Stell dir vor, wir zwei würden jetzt gemeinsam so richtig auf die Pauke hauen und die Puppen tanzen lassen mit allem was dazugehört. Madleen und Chantal warten zu Hause jede für sich allein sehnsuchtsvoll auf unsere Wiederkunft. In diesem Augenblick wären sie vom Glück ausgeschlossen, sprich Verliererinnen. Wenn wir nur unserer eigenes Ego in den Vordergrund stellen, auf unser eigenes Glück und die Befriedigung unserer Trieben setzen, machen wir den Partner zum Verlierer, lassen ihn verwaist zurück. Ich persönlich könnte niemals Glück mit einem anderen Menschen empfinden, wenn mir mein Bewusstsein ständig signalisiert, dass Madleen traurig und allein auf mich wartet und ich ihr mit einer eventuellen Nebenbeziehung weh tue.

Da aber nun Chantal und Madleen ihrerseits die Zeit gemeinsam verbringen, ihnen alle Möglichkeiten zur Verfügung stehen, bekommt die Sache eine andere Komponente. Was sie daraus machen ist dabei gar nicht so entscheidend. Ob sie miteinander schlafen oder nicht ist nicht von Belang. Allein die Tatsache, dass sie es könnten, dass ihnen diese Möglichkeit jederzeit offen steht, ist der springende Punkt.“

Eve erkannte worauf Elena hinaus wollte. Gerechtigkeit und Chancengleichheit lauteten die Zauberworte.

„Aber wir wollen nicht so viel Zeit mit Reden verbringen, obgleich die auch sehr wichtig sind. Komm lass uns weitergehen, ich habe dir noch eine ganze Menge zu zeigen.“

Elena klopfte mit ihren Handflächen auf Eves Schenkel und erhob sich mit einem Satz, dann zog sie Eve auf die Beine.

Sie schulterten ihre Rucksäcke und setzten ihre Wanderung fort.

Eve kam es vor als sei als die ganze Welt verstummt, damit sie deren Schönheit erspüren konnte. Die junge Sonne flammte durch das Grün der Buchenblätter und die Feuchtigkeit die der leichte Regen der Nacht zurückgelassen hatte, glitzerte wie Silber. Der frische, erdige Duft nach regennassen Gras stieg ihr in die Nase.

Schließlich führte Elena ihre Begleiterin in einen dichten Tannenwald hinauf, hier wurde das Sonnenlicht gebrochen, so dass es leuchtend helle Inseln zwischen den dunklen Stämmen bildete.

Beide genossen die wohltuenden Stille die sich auf sie niederließ

Weit drangen sie dabei auf altmelancholanisches Staatsgebiet vor. Niemand schien die Eindringlinge aus Akratasien  bemerkt zu haben. Eve kam sich vor als betrete sie eine vergangene Zeitzone, denn hier hatte dem Anschein nach seit Jahren keine Veränderung mehr stattgefunden. In diesem Urwald trieb niemand mit der Säge Kosmetik. Bäume durften in Würde altern und sterben. Kein Vergleich zu ihrer angestammten Heimat, dort wo ganze Wälder dem Braunkohletagebau zu weichen hatten. Eine Zeitlang hatte sich Eve dort als aktive Umweltschützerin betätigt, sich sogar einen ganzen Tag lang an eine alte Eiche gekettet, bis sie äußerst unsanft von zwei Polizisten entfernt wurde.

Gedankenversunken schritt sie neben Elena. Schließlich wagte sie es und griff nach deren Hand,

lächelnd ließ es Elena geschehen.

 

Madleen war gerade im Begriff zu gehen, als Chantal in der Wohnung erschien.

„Du willst gerade gehen? Komme ich zu früh oder  ungelegen?“ Wollte Chantal wissen, während sie die Tür hinter sich schloss.

„Nein, keineswegs! Ich war gerade im Begriff etwas für unser Mittagessen zu besorgen!“ Erwiderte die Angesprochene nachdem sie ihre Turnschuhe übergestreift hatte

„Der Gang ist nicht mehr nötig! Ich dachte es mir und hatte es entsprechend eilig dich noch abzufangen. Sieh, ich habe alles schon besorgt. Heute kochen wir gemeinsam!“ Erklärte sich Chantal und an ihrem Tonfall konnte Madleen deutlich erkennen, dass sie ausgesprochen gute Laune im Gepäck hatte.

„Das ist toll! Selbstverständlich machen wir das! Keine Frage! Aber erst mal ne richtige Begrüßung, so wie das unter Schwestern üblich ist.“

Eine innige Umarmung und ein Kuss auf beide Wangen folgte.

Konnte es noch mehr geben? Der Tag würde am Ende mit einer Antwort aufwarten.

Dann machten sie sogleich an die Arbeit, Gemüse putzen, schälen, zerkleinern, was eben alles dazu gehörte, nebenbei wurde ordentlich geflaxt und gekichert. Wie zwei alte Bekannte, die sich seit Ewigkeiten nahe standen und ein tiefes Vertrauen zueinander pflegten.

Selbstverständlich sprachen sie auch über ernste Dinge. Das entwickelte sich langsam aber stetig, ohne Zwang und übertriebene Eile.

„Komisch, das ich so froher Dinge bin?“ Meinte Chantal plötzlich.

„Warum ist das komisch? Erkundigte sich eine wissbegierige Madleen.

„Na, weil ich die halbe Nacht nicht geschlafen habe und eigentlich noch immer todmüde sein müsste.“

„Du auch? Mir erging es nicht anders letzte Nacht! Schon eigenartig!“ Gestand Madleen.

„Haben dich die Gedanken also auch gepeinigt? Schon irgendwie merkwürdig was wir hier treiben. Ich möchte zu gerne wissen, was die beiden da draußen in diesem Augenblick tun? Was meinst du, ob sie sich schon näher gekommen sind? Ich hätte allen Grund zur Eifersucht. In zweifacher Hinsicht. Zwei Menschen die ich sehr liebe, mit denen ich gerne selbst zusammen wäre sind da draußen beisammen. Eine grausame, eine übermäßig leidvolle Geschichte ist das und trotzdem bin ich froher Dinge, anstatt mir die Augen vor Kummer auszuheulen.

Könnte es daran liegen das ich mit dir mein Schicksal teile?“

„Da kann ich dir hundert pro zustimmen. Genau diese Erkenntnis ist es, die mir letzte Nacht gekommen ist. Wir sind nicht allein. Wir können uns austauschen, die Zeit gemeinsam verbringen. Was wir daraus machen liegt ganz in unserem Ermessen.“

„Und was möchtest du daraus machen? Ich meine wie weit würdest du zu gehen wagen?“

„Soweit wie möglich, immer darauf bedacht keine zu verletzen, weder dich noch Elena noch Eve. Solange es uns gelingt diese Grenze nicht zu überschreiten brauchen wir nichts zu fürchten.“ Gab Madleen zu verstehen.

„Das leuchtet ein!“ Bestätigte Chantal

„Der Tag liegt vor uns. Wir müssen überlegen auf welche Weise wir ihn nutzen. Hast du eine Idee?“

Versuchte Madleen das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken.

„Nicht so recht! Wenn ich ehrlich sein soll gar nicht. Ich verlasse mich ganz auf dich, lass mich einfach überraschen.“

„Ich hätte schon was. Aber zunächst lassen wir es uns schmecken.“

Beim Essen redeten sie weiter, ihr Vertrauen zueinander wuchs von Augenblick zu Augenblick.

„Du hast mir übrigens noch immer nicht gesagt wie du Eve kennengelernt hast. Das würde mich brennend interessieren.“ Erkundigte sich Madleen.

„Nein? Ich dachte das hättest du schon in Erfahrung gebracht.“

„ Wir hatte ja bisher nie die Gelegenheit uns auszutauschen.“

„Stimmt! Hm, wo soll ich anfangen? Ist ne eigenartige Geschichte, weißt du. Beim Tanzen.“

„Beim Tanzen? Ganz klassisch also! Nun erzähl schon! Aber bitte kein Detail auslassen!“

Madleen konnte es nicht erwarten die ganze Geschichte zu erfahren.

„Alle Details? Na gut, wir haben ausreichend Zeit..“

Chantal begann und berichtete von der wundersamen Begegnung, den schönen Unternehmungen am Tage und den heißen Nächten. Sie erzählte Madleen von ihren Gefühlen und dem Leid dass sich auch daraus entwickelte, eben wie es sich hatte zugetragen.

Langweilig wurde es Madleen dabei nicht, im Gegenteil, es war alles in allem eine ausgesprochen abenteuerliche Geschichte. Eine Geschichte die das Leben schreibt. Etwas alltägliches, andererseits aber einzigartig und unvergleichlich.

„Hört sich großartig an. Mensch das ist wirklich eine tolle Lovestory, echt reif für einen abendfüllenden Liebesfilm würde ich sagen.“ Begeisterte sich Madleen.

„In dieser Art empfand ich es auch. Manchmal kam es mir so vor als träume ich alles nur, so glücklich fühlte ich mich in jenen Tagen. Liebesbeziehungen gab es einige  in meinem Leben, vor allem mit Männern. Nachdem Elena mich mit ihrer sanften Art in die Geheimnisse der Frauenliebe einweihte, sehnte ich mich nach einer erfüllenden Beziehung, aber es boten sich nur flüchtige Affären. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, als Eve wie eine Bombe in mein Leben schlug.“ Offenbarte sich Chantal der neu gewonnen Vertrauten.

„Jetzt erst kann ich richtig nachvollziehen, warum es dir so elend ging, bevor du deine Liebste wieder in den Armen halten konntest. In jener schweren Zeit machte ich einen Bogen um dich, so wie viele andere auch. Man muss wohl tief in die Seele eines Menschen dringen um zu verstehen. Um nachzuempfinden wie weh solch ein Trennungsschmerz tut.

Zaghaft aber sanft legte Madleen ihre Hand auf Chantals Arm. Die wurde daraufhin von einer Welle wohliger Wärme durchdrungen.

War etwa ein Funken übergesprungen?

„Glaub mir, alles wird gut. Morgen Abend hast du deine Eve wieder und ich Elena. Das Experiment wird gelingen, da bin ich zuversichtlich.“ Madleens Worte legten sich wie ein weicher Mantel auf Chantals aufgewühltes Herz und entfalteten ihre beruhigende Wirkung.

„Ich glaube es auch, obgleich ich zugeben muss, dass ich nach wie vor ein wenig Angst verspüre.

Bei dir ist es anders. Elena und ihr seid gleichauf, begegnet euch auf Augenhöhe, ihr kennt die Schwächen der anderen. Ihr seid aufeinander abgestimmt in jeder Hinsicht und könnt euch wunderbar ergänzen. Eve hingegen. Du weißt wie sie hier angekommen ist. Sie hat alles auf eine Karte gesetzt um bei mir zu sein. Sie ist Ausländerin, muss sich mit unserer Sprache und den Gebräuchen noch vertraut machen. Sie ist in gewisser Hinsicht abhängig, ganz gleich ob von mir oder von…Elena.“

„Ach ich glaube dass sich Eve schnell einleben wird. Natürlich muss sie viel lernen, aber das müssen andere auch. Wir alle werden ihr dabei zur Seite stehen. Ich verstehe, du meinst dass sie sich so derart zu Elena hingezogen fühlt das sie in deren Abhängigkeit gerät. und vor eine Entscheidung gestellt wird ,derer sie nicht gewachsen ist. Ich kenne Elena zu gut um dir versichern zu können, dass sie genau weiß wie weit sie gehen darf.

Nur so weit wie sie es verantworten kann.“

Chantal griff nach Madleen Händen und drückte sie fest.

„Du bist lieb! Du bist wundervoll. Ich bin glücklich in dir eine Schwester und Freundin  gefunden zu haben.“

 

Sie taten einiges an diesem Tag, langweilig wurde es nie, im Gegenteil, sie hatten den Eindruck das die Stunden  wie in einem Zeitraffer vergingen.

Ein gemeinsamer Besuch bei Gabriela und Kristin, die wie so oft die kleinen Tessa hüteten, wenn deren Mütter wieder einmal anderweitig beschäftigt waren. Mit der Kleinen besuchten sie das erst kürzlich neu eröffnete Kindertheater und sahen sich ein Puppenspiel an. Danach lieferten sie ihre Prinzessin wieder bei deren Ersatzmütter ab und ein langer Spaziergang folgte. Solange bis die Dämmerung langsam aber beständig über den Himmel sickerte.

Nun folgte der Abend und die Frage, welche Überraschungen dieser wohl zu bieten hatte.

 

Während Madleen und Chantal gemeinsam den Tag gestalteten führten auch Elena und Eve

Ihre Aktionen weiter. Diese bestanden vor allem darin immer weiter in das unwegsame Gelände vorzudringen und die stete Steigung zu meistern, die sich vor ihnen auftat.

Elena hatte sich vorgenommen Eve tief in ihre eigene mystische Welt einzuführen in den Stunden die ihnen noch blieben.

Der Nachmittag war schon weit vorangeschritten als sie sich auf dem Hochplateau wieder fanden, karge Felsen die weit in den Himmel reichten, nur spärlich von Gräsern, Moosen und kleineren Sträuchern bedeckt. Ein atemberaubender Blick in das vor ihnen liegende Tal entschädigte für den beschwerlichen Aufstieg.

„Können wir von hier oben etwa die Abtei sehen?“ erkundigte sich Eve noch ein wenig außer Atem.

„Leider nicht! Zumindest nicht von diesem Standpunkt aus. Der dichte Wald und die Hügel unter uns verdecken die Sicht. Aber es ist auch so eine gigantische Aussicht!“

„Ja, super!“

Elena platzierte sich neben Eve, legte ihren Arm um deren Schulter und drückte sie ganz an ihre Seite. Zaghaft umfasste Eve Elenas Taille und lehnte ihren Kopf an die Schulter der neuen Schwester.

Wortlos genossen beide die wohltuende Stille und die mystisch anmutenden Aura. Außer dem rauschen eines starken Windes war kein weiterer Laut zu vernehmen.

Sie lauschten und wagten kaum zu atmen um die einzigartige Schönheit des Augenblickes nicht zu zerstören.

Weite, unendliche Weite, wohin sich ihr Blick auch richtete. Wie viele Kilometer mochten es wohl von hier bis zum Horizont sein?  Welches Land befand sich auf der anderen Seite. Melancholanien, Akratasien oder ein anderes? Schwer zu sagen,  es lies sich nur erraten.

Elena befand sich in der mystischen Vereinigung. Sie tauchte in die Tiefen des Universums und verschmolz mit der Umwelt. Wie oft konnte sie schon solche einmaligen Augenblicke vollständiger Kontemplation genießen. Elena war eine Seherin, sie hatte gelernt mit ihrem dritten Auge zu sehen und schulte diese Fähigkeit beständig. Im jenen Momenten gelang es ihr das eigene Ego völlig aus ihrem Bewusstsein zu verbannen um damit Platz zu schaffen für ihre tatsächliche Identität. Nichts verdient es wirklich, Freiheit genannt zu werden, als die grundlegende Freiheit vom Ego. Denn das Haften an diesem falschen Ego versperrt die Sicht auf das Wesentliche.

Hier oben auf dem Plateau, das war  pure Präsenz. Die Einwohnung des all umfassenden Geistes ganz gleich mit welchem Namen, mit welchen Eigenschaften ,oder auch mit welchem Geschlecht man diesen in Verbindung brachte. Ein Geist der nicht von dieser Welt war, denn die irdische Welt ist immer nur vorübergehend, unvollständig, begrenzt und demzufolge dem Ablauf vom Werden und Vergehen unterworfen.

In diesen Augenblicken gehörte Elena nicht mehr der Welt, war deren Unzulänglichkeiten enthoben und vollzog den Übergang in die befreiende Dimension. Immer weiter drang sie dabei in Sphären vor ,die dem normal Sterblichen bisweilen verborgen blieben. Was sie auf der anderen Seite erwartete blieb stets ein unaussprechliches Geheimnis. Noch konnte sie dessen endgültige Botschaft nicht entschlüsseln, doch es schien etwas ganz Grandioses zu beinhalten.

Trotz alledem war die irdische Welt voller Anmut und Schönheit. Immer wieder machte sie diese überwältigende Entdeckung aufs neue.  Manchmal ist Schönheit eben ganz unvorhersehbar, plötzlich tut sich eine bislang unbemerkte Schwelle auf und um uns herum erwacht das Mysterium des Lebens und wir erkennen, dass die Erde voller Schönheit ist.

Das Schöne weckt ein leidenschaftliches Drängen in uns und ruft uns aus der Einsamkeit in die wundervolle Wärme einer Umarmung.

Beim Betrachten der atemberaubenden Aussicht konnte Elena wieder einmal mehr nachvollziehen warum die Schönheit der Natur das größte Wunder von allem war, sie spendete tatsächlich oft am weisesten Trost, denn sie beruhigt und befreit die Seele. Ruhe strömt in sie ein und schwemmt Angst und Sorge fort.

Doch was war mit Eve? Hatte die Anteil an ihrem unaussprechlichen Glücksmoment? Betrachtete sie das vor ihnen liegende Panorama mit ähnlichen Empfindungen, oder sah sie etwas völlig anderes?

Einen solchen Moment kann Mensch nur dann in vollem Umfang genießen wenn sich dessen Eindrücke an andere weiterreichen lassen.

Eve befand sich auf einer anderen Entwicklungsstufe, noch war es ihr nicht vergönnt, so tief in das Mysterium einzutauchen. Zu stark war sie noch dem dualem Denken verhaftet. Um so weit voranzuschreiten wie Elena bedurfte es eines ausgesprochen langen Atems. Es war unmöglich einer Entwicklung vorzugreifen.

Elena hoffte das Eve wenigstens ein Teilfragment erhaschen konnte.

„Wollen wir hier oben den Sonnenuntergang erwarten?“ Wollte Elena wissen.

"Gerne. Aber wir sollten uns dabei lieber setzen!“ Schlug Eve vor.

„Ja sicher! Komm ,ich habe eine Decke mitgebracht!“

Elena durchwühlte ihren großen Rucksack, danach breitete sie die Decke auf dem Boden aus, dann ließen sie sich darauf nieder.

„Darf ich mich an deine Schulter lehnen.“ Zaghaft kam die Frage über Eves Lippen.

„Natürlich! Komm!“

Elena breitet ihre Arme aus und Eve versank in der Umarmung. Gemeinsam richteten sie ihre Blicke nun wieder nach vorn. Schweigen! Es bedurfte keiner Worte mehr. Worte zerstören, wo sie nicht hin gehören. Die andächtige Stille glitt in ihre Fortsetzung.

Hin und wieder konnten sie den Schrei eines Greifvogels über sich vernehmen, wenn dieser seine Schwingen ausbreitete und sich wunderbar in das Ambiente einfügte.

Eve lehnte ihre Kopf an Elenas Brust, die um schlag sie von hinten mit ihren langen, Geborgenheit spendenden Armen.

Endlos verharrten sie in dieser Stellung bis die untergehende Sonne auf den fernen Hügeln wie ein Schild lag und das Nachmittagslicht langsam zu verblassen begann. Die Dämmerung ,eine kurze Zeit des Tages, aber erfüllt von einer ganz besonders mystischen Aura. Kein Tag mehr, aber auch noch keine richtige Nacht. Beides zugleich oder keines von beiden? Ein Schwelle, der Übergang in die Anderswelt, in der Dämmerung schien er zum Greifen nahe.

Schließlich kam die Nacht und der Vollmond stieg am Himmel auf und erhob sich hell über den Bäumen. Er übergoss das Land mit Licht und tauchte es in einen geisterhaften Schimmer.

Der Übergang war vollzogen. Zeit der Ruhe, Zeit sich dem Schlafe hinzugeben.

Eve fröstelte, Elena mummelte sie tief in den warmen Umhang der beide bedeckte.

„Wollen wir aufbrachen? Es ist kein Juli mehr, die Nächte werden schon wieder deutlich kälter.“ Schlug Elena vor.

„Ja! Ich werde auch langsam müde. Aber es war eine tolle Stimmung, hat mir gut gefallen.“ Bedankte sich Eve.

„Wir benötigen  auch ne Weile bis wir in der Hütte sind, aber keine Sorge, der Abstieg ist bedeutend einfacher als der Aufstieg.“

Sie machten sich auf den Weg. Der Silbermond spendete ihnen das nötige Licht so dass sie die mitgenommenen Taschenlampen gar nicht benötigten. Der einsame Ruf einer Eule drang ihnen aus der Dunkel des Waldes entgegen. In freudiger Hoffnung auf jenes Mysterium das  sie wohl in der Hütte erwartet schritt Eve dicht an Elenas Seite. Diese Nacht würde sie sich dem Zauber ihrer Meisterin wohl kaum entziehen können.

 

Währenddessen eröffnete sich für Madleen und Chantal am Abend ein neues Kapitel in ihrer Beziehung.

Auf der Wohnzimmercouch sitzend, bei Kerzenschein , einem leckeren Aromatee und einer emotional aufgeladenen Musik begannen sich ihre Seelen zu öffnen und immer deutlicher näherten sie sich einander. Würden sich schlussendlich auch ihre Körper finden? Noch schien der Ausgang offen, doch in beider Vorstellungen taten sie es längst.  

Eine musste den Anfang machen. Madleen glaubte sich zu diesem Schritt berufen.

„Sag mal, hast du Lust mit mir nach oben zu kommen, in den großen Saal unter dem Dach?“

Lud diese ein ohne sich ihrer Worte wirklich bewusst zu sein. Sie war damit einfach einer Art von Eingebung gefolgt.

„Nach oben? Was finden wir dort, was uns hier nicht zur Verfügung steht?“ Wollte Chantal  wissen.

„Eine andere Atmosphäre. Es ist der Raum unserer Schwesternschaft. Sind wir dort versammelt, laden wir eine ganz besonderer Art von Energie auf, dass zumindest meint Elena. Am Anfang konnte ich ihr nicht folgen. Langsam aber beginne ich zu verstehen was sie damit meint.“ Klärte Madleen auf.

„Ja, wenn du es sagst, dann lass uns gehen!“ Stimmte Chantal dem Ansinnen zu.

Madleen ging voraus und Chantal folgte ihr. Als sie sich auf der Treppe die zum großen Meditationsaal führte befanden, ergriff Madleen plötzlich Chantals Hand. Die lies es geschehen so als sei es das normalste auf der Welt.

Der Raum empfing beide in seiner ihm eigenen mystischen Aura.

Dunkelheit, nur der Mond warf seinen silbernen Schein durch eines der Dachfenster und an den Wänden flackerten einsam zwei Nachlichter. Chantal wurde es ein wenig unheimlich und sie drückte Madleens Hand.

„Ist dir kalt oder hat dich die Furcht erfasst?“ wollte Madleen wissen.

„Ich würde sagen beides! Ich habe keine Erklärung dafür, denn es ist weder kalt hier, noch gibt es einen Grund zur Furcht.“

Chantal folgte Madleen, die sich langsam durch den Saal bewegte, dabei den Blick ehrfürchtig nach oben gerichtet, der fast volle Mond wurde nun am Himmel sichtbar und schien beide gleichermaßen in den Bann zu ziehen.

Direkt darunter ließen sie sich nieder, verharrten so eine kurze Weile.

Sanft strich Madleen durch Chantals blondes Lockenhaar. Die schien darauf nur gewartet zu haben und begann Madleens Handfläche zu küssen.

Diese wiederum begann im Anschluss ganz sanft Chantal auf den Boden zu legen und fuhr langsam mit beiden Händen über ihren Körper. Das Mondlicht tauchte sie wie in einem Schleier und schuf eine märchenhafte Kulisse.

Sie nahmen sich bewusst Zeit, keine wollte ihr Gegenüber überfordern. Die Zeit war außer Kraft gesetzt.

Schließlich war die Grenze überschritten und beide begannen einander zu entkleiden.

Als es Chantal erneut zu frösteln schien, verschwand Madleen für einen kurzen Moment und als sie wiederkam hatte sie Decken und Kissen dabei. Sie hüllte zunächst Chantal, dann auch sich selbst ein.

Sie liebten sich innig und aufrichtig. Die Barriere überwunden. Das Eis war gebrochen und Neuland wartete darauf betreten zu werden.

Lange lagen sie beieinander und blickten durch das Dachfenster den am Himmel dahin ziehenden Wolken nach. Ein leichter Wind war aufgekommen und sang sein leises Lied in die alles dominierende Stille.

Die Atmosphäre in dieser Umgebung schien tatsächlich eine deutlich andere als unten im Wohnbereich. Hier oben fielen die Hemmungen einfach ungemein schneller von ihnen und machten den Weg frei das Unbekannte zu finden.

Auch wenn Elena nicht persönlich zugegen war, schien deren Energie in diesem Raum dauerhaft präsent. Beide Frauen spendeten einander die Kraft der Therapie indem sie sich im Beischlaf miteinander vereinigt hatten und lösten somit die Verhärtungen und Blockaden in ihrer Psyche.

Damit hatten sie unter Beweis gestellt dass ein therapeutischer Beischlaf unter ganz bestimmten Umständen nicht an die Person Elenas gebunden war.

Eine Vertrautheit hatte beide erfasst von deren sie noch vor zwei Tagen nicht einmal zu träumen wagten. Von diesem Augenblick an waren sie wirklich Schwestern. Nichts würde mehr zwischen ihnen stehen. Davon profitierte die gesamte Schwesternschaft.

Sie hatten sich dem Experiment gestellt und die Prüfung mit ausgezeichnet bestanden.

Die ganze Nacht verbrachten sie hier oben und genossen was sie einander zu geben vermochten.

Was würde der neue Tag bringen der mit der Morgendämmerung begann?

Noch einen ganzen Tag in Zweisamkeit genießen. Die neue Gespielin weiter entdecken und kennenlernen. Von nun an wurde es einfach.

In ihren Gedanken hatten sie ihre angestammten Partnerinnen vorübergehend losgelassen um sich ganz auf ihr Gegenüber zu konzentrieren. Doch das bedeutet auf keinen Fall das sie in Untreue verfallen waren, denn die Liebe zu ihren Lebensgefährtinnen war so ausgeprägt, stand auf einem so festen Fundament dass sie nicht durch eine solche vorübergehende Liaison aus dem Gleichgewicht zu bringen war. Alle vier Beteiligten waren auf ihre Art starke Persönlichkeiten, alle, auch Eve, die sich dieser Tatsachen nur noch nicht in vollem Umfang bewusst war.

Die positive Atmosphäre verbreitete sich über das gesamte Abteigelände. Richtig so, denn alle sollten etwas davon haben.

Ihr Beispiel konnte Schule machen, denn es gab noch eine ganze Reihe von Leuten in der Abtei, die Aversionen und Antipathien gegen bestimmte Mitbewohner hegten und somit gewollt oder ungewollt den Frieden auf dem Gelände gefährdeten.

Als die Dämmerung schließlich in den Tag mündete erhoben sie sich um gemeinsam den Sonntag zu begrüßen. Ihre Heiterkeit und Lebensfreude war so erfrischend, dass sie damit viele Kommunebewohner anzustecken schienen, die zufällig ihren Weg kreuzten.

 

Etwa zur gleichen Zeit als Madleen Chantal in den großen Meditationsraum führte schritt eine von äußerster Anspannung erfasste Eve den kleinen Flur entlang und kam vor Elenas Zimmer zum Stehen. Sollte sie oder sollte sie nicht? Anklopfen, eintreten, zu ihrer Angebeteten gehen und sich an deren Seite betten! Würde Chantal unsichtbar zwischen ihnen liegen und das schlechte Gewissen wie ein zerstörerisches Feuer in ihr wüten? Sie fand keine Antwort

Sie zitterte am ganzen Körper und ihr Herz begann zu rasen.

Dann tat sie es einfach.

Als sie Elenas Stimme von innen vernahm die ihr mit sinnlichem Tonfall ein „Komm nur rein!“ zurief, war die Angst gebannt.

Elena erwartet sie bereits, schlug die Decke zurück. Im Dunkel der Nacht waren ihre Konturen nur sehr schwach aus zu machen. Doch Eve fand auch so ihren Weg zu ihr. Ihr fröstelte und schnell huschte sie unter die Decke, spürte diesen unvergleichlichen Körper neben sich der soviel Wärme und Geborgenheit spendete. Elena schlang Arme und Beine um Eve und die Liebkosung die nun einsetzte bedurfte keiner weiteren Deutung.

Eve, die so oft zu kurz Gekommene, die trotz ihrer Jugend schon so viel an Leid hatte erfahren müssen und schon fast den Glauben an sich verloren, durfte nun ihr Lager mit einer Göttin teilen, zumindest kam es ihr so vor denn bald begann sie zu schweben in Gefilde des Glücks, von deren Existenz sie bisweilen nicht die Spur einer Ahnung hatte. Und Chantal? Die war nicht zugegen. Ihr Bild drängte sich nicht zwischen die beiden Liebenden. Elena praktizierte den therapeutischen Beischlaf mit ihr, sowie Madleen und Chantal es in diesem Augenblick einander taten. Es gab keine Verliererin. Alle vier profitierten und positive Energien bahnten sich ihren Weg.

Eve glaubte zu spüren wie die Verspannungen aus ihrem Körper wichen und den Weg für ein unbekanntes Gefühl des erlöst seins frei machten. Tränen begann ihre Wangen zu benetzen, aber es waren Tränen der Freude, nicht des Leides. Elena führte sie mit sicherer Hand und öffnete ihr nun endgültig die Tür in ein neues Leben.  

 

Als Eve am darauf folgenden Morgen erwachte und ihren Arm ausstreckte fand sie sich allein in den Federn. Aus der im Untergeschoss liegenden Küche drang das Klappern von Geschirr an ihre Ohren und signalisierte, dass die Königin der Nacht damit beschäftigt war ihrer Prinzessin ein Frühstück zu bereiten. Eve reckte und streckte sich und ließ sich wieder in die weichen Kissen fallen, doch ohne diesem bezaubernden Körper neben sich wirkten die öde und langweilig, so dass sie den Beschluss fasste sich ebenfalls zu erheben, langsam, ganz langsam, es bestand kein Grund zur Eile, denn fast ein ganzer Tag stand ihnen noch zur  Verfügung. Das gab ihr genügend Zeit, das Geschehene noch einmal Revue passieren zu lassen.

Unglaubliches Glück durchflutete sie wie ein warmer Strom. Sie fühlte sich körperlich erfrischt und ihre Seele badete in einem tiefen Frieden.

Die Nacht mit Elena war das Tüpfelchen auf dem I das ihr noch fehlte Nun war sie endgültig frei, frei von allen Ängsten die bisher lähmend auf ihrer Seele lasteten. Frei von den Sorgen um den Alltag. Frei von allen Verhaftungen an ein zurückgelassenes  mehr oder weniger freudloses Dasein.

Denn es war nicht nur die sexuelle Energie die ihre neue Kraft schenkte, die hatte sie ja bereits mit Chantal ausgiebig genossen. Nein, die Begegnung mit Elena war von weitreichender spiritueller Bedeutung. Es hatte den Anschein, als sei sie in der Nacht nicht nur von Elena liebkost worden. Hier schienen noch andere Wesenheiten am Werk. Gleichsam als habe sie in den Armen der alten Urmutter gelegen, die ihr das Leben in einer total veränderten Form neu geschenkt hatte.

Aufgewachsen in einer streng religiösen Umgebung hatte sie den Glauben fast ausschließlich als einen Katalog von Vorschriften kennengelernt, in Form von Verboten, Gängelungen, Zurechtweisungen und kalter Ablehnung ihrer selbst. Eine Drohbotschaft die ihr die Luft zum Atmen nahm und keine eigenständige Entwicklung zuließ. Das Leben war der strengen Maxime des Entweder-Oder unterworfen. Ein Dualismus von gnadenloser Härte. Entweder du gehörst zu den Guten, den Rechtschaffenden, den Geretteten , dafür aber waren erhebliche Vorleistungen zu erbringen. Oder aber du gibst deinen Neigungen und Wünschen nach, dann bist du verloren.

Den Weg durch die enge Pforte in das vermeintliche Paradies konnte sie nicht gehen, zu groß war die Angst bei deren Passage erdrückt zu werden. Ihr blieb als einziger Ausweg nur der Abschied von dieser Art Glauben. Allem religiösen mit dem sie in der Folge konfrontiert wurde begegnete sie mit Ablehnung, Zynismus und offener Feindschaft.

In der letzten Nacht war sie in eine Form des Übersinnlichen abgetaucht, das jener ihrer Kindheit diametral entgegengesetzt schien. Keine enge Pforte, nein eine unendliche Weite, die zugleich Tiefe war. Eine Tiefe, eine Erkenntnis so atemberaubend, dass sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben vollständig geborgen fühlte. Elena hatte ihr die Tür zu dieser unbekannten befreienden Spiritualität geöffnet. Sie hatte das Paradies gefunden. Es befand sich in ihr selbst. Es hatte schon ihr ganzes Leben auf den Moment gewartet seine Wirkung entfalten zu dürfen.

Die Welt war noch die gleiche wie wenige Stunden zuvor, die Erde drehte sich nach wie vor um die Sonne und der Tag verzeichnete weiter 24 Stunden, doch trotzdem schien alles so neu, so verändert , so phantastisch anders.

Von solcherlei Gefühlen gestreichelt schritt sie die kleine Holztreppe hinab, betrat die Küche.

Elenas Gesicht überzog sich mit einem hellen Lachen, als sie ihrer ansichtig wurde.

„Immer hereinspaziert! Na? Wie fühlt sich meine kleine Amazone heute? Gut geschlafen?“

„Ja, toll! Selten habe ich mich am Morgen so erfrischt und erneuert gefühlt. Aber es war nicht nur der Schlaf, sondern auch das was ihm voraus ging.“ Gab Eve mit einem verschmitzten Lächeln zu verstehen und sich an den liebevoll gedeckten Tisch an der Wand nieder.

Elena goß den Kaffee in die Tassen und platzierte sich neben Eve.

„Und wie fühlst du dich nach dem Ereignis letzte Nacht?“

„Ich fühle….ich meine… Ach was! Elena was ist das was gerade in mir vor geht. Es schien als würde ich meine Umwelt heute das allererste Mal betrachten. Es ist geradezu unheimlich wie wohl ich mich derzeit fühle. Es lässt nicht beschreiben. Es gibt keine Worte um das auszudrücken was mich gerade bewegt. Ich…“

„Nicht so hastig!“ sanft legte Elena ihre Hand auf Eves Arm. Die spürte daraufhin prickelnde Hitze auf ihrer Haut.

„Ich kann mir vorstellen wie dir im Moment ist. Lass es einfach langsam in dir wirken. Wenn du reden willst, sprich mit mir, wenn du dazu außerstande bist, dann nimm dein Gefühl mit in die Stille. Ich habe letzte Nacht meine Kraft auf dich übertragen. Eine Kraft der Heilung und Stärkung. Eine Kraft der Befreiung und der Erkenntnis. Dir ist bewusst dass wir nicht einfach nur tollen Sex miteinander hatten, sondern dass ein wenig mehr dahinter steckt.“

„So was Ähnliches konnte ich mir denken. Die Leute reden ja von nichts anderem. Chantal hat mir berichtet wie sie es damals mit dir erlebt hat. Ich zweifelte bisher an ihren Schilderungen. Nun konnte ich mich selbst überzeugen und es bestätigen. Was passiert jetzt mit mir? Wie werde ich das in den Folgetagen verkraften?“ Wollte Eve mit einem leicht besorgten Unterton wissen.

„Sei ohne Sorge, nichts von alledem wird dir schaden. Aber die positive Welle die dich erfasst hat wird dich mit sich ziehen und dich immer tiefer dringen lassen in das Reich der Erkenntnis und des inneren Friedens.“

„Hört sich gut an! Dann werde ich mich mal überraschen lassen. Es ist einfach enorm. Ich sehe plötzlich Dinge die ich vorher nie wahrnehmen konnte. Phantastisch! Dabei ist alles so einfach. Warum sind mir solche Sachen nicht schon viel früher aufgegangen.“ Begeisterte sich Eve weiter.

„Du befindest dich in einer Art von Zwischenstadium. Normalerweise muss man das Alte loslassen und zunächst ein Stadium des Nichtwissens und der Verwirrung durchlaufen, bevor sich eine neue Ebene des Bewusstseins erschließt oder man eine neue Fähigkeit erworben hat. Du bist mit diesen Gefühlen keineswegs allein. Viele große spirituelle Persönlichkeiten durchlitten vielfach gewaltige Zweifelsphasen, weil sie ständig weiter wuchsen. Auch die meisten Schwestern haben eine solche Phase hinter sich. Sie kommen aus den unterschiedlichsten Lebenszusammenhängen und haben sich hier gefunden, teilen nun das Leben miteinander.

Einige hatten auch große Schwierigkeiten zu reifen und zu wachsen. Bei dir sehe ich diese Gefahr nicht. Du bist stark, du bist eine echte Kämpferin. Dir ist es bestimmt einmal etwas ganz besonders zu werden. Das spürte ich in dem Moment als ich dir auf dem Abteihof zum ersten Mal in die Augen blickte.“

Elenas Worte verwirrte sie. Eve wusste dem kaum etwas zu erwidern, sosehr fühlte sie sich geehrt. Elena beließ es dabei. Sie wollte ihr Zeit geben das erlebte zu verarbeiten und vermied weitere Erläuterungen.Ein zuviel an Theorie schien hier fehl am Platze.

Eves Schweigen bestätigte sie darin.

Nachdem sie ihr Frühstück genossen hatten beschlossen beide den Tag noch einmal im Freien zu verbringen. Noch einmal abtauchen in die wohltuenden Stille der Natur, eindringen in das Reich der Urmutter um deren Liebkosungen zu genießen.

Intensiv nahm Eve ihre Umwelt in Augenschein. Bei jedem Schritt tat sich eine neue Welt der Freude auf. Geistiger Freude, der Freude des Verstandes, der Phantasie, der Sinne in der natürlichen Ordnung. Alles was sie umgab lebte, atmete, sie schien den Atem der Urmutter zu spüren. 

Sie fanden sich vor dem großen Sandsteinmassiv wieder, Eve blickte auf die gleichen Felsen wie am Vortag, doch mit völlig neuen Augen. Sie schaute tiefer, sah auf das Verborgene, das Hintergründige. Zusammenhänge erschlossen sich ihr nun mit einer Leichtigkeit, dass es ihr die Sprache verschlug.

Sie konnte die Gefühle in ihrem Inneren kaum in ausreichendem Maße bändigen.

„Es war so wunderschön hier mit dir. Schade dass wir zurück müssen. Weißt du ich bin so gerne in der Natur. Zuhause habe ich auch oft mit anderen gemeinsam im freien campiert:“ Gestand Eve.

„Ehrlich? Das trifft sich ja ausgezeichnet. Wenn du magst können wir des Öfteren solche Ausflüge machen. Ich tat es bisher meist allein. Madleen ist nicht so fürs campen in der freien Natur zu haben. Komisch, dabei ist sie auf einem Bauernhof aufgewachsen, somit mit der Natur bestens vertraut, du hingegen ein Stadtmensch. Aber du hast in dieser Hinsicht ohnehin noch viel Nachholbedarf.“

„Ja, das wäre toll. Bin zur Stelle wenn du wieder etwas planst.“

Eve begann um das Steinmassiv herum zu tänzeln, als sei dessen Zauber nun völlig erlegen. Während Elena auf einem Baumstumpf Platz genommen hatte.

Eve begann sogar einen der kleineren  Felsblöcke zu beklettern.

„Sei vorsichtig Eve. Das Gestein ist an manchen Stellen sehr glatt, du könntest abrutschen.“ Warnte Elena die kleine Schwester.

„Keine Angst. Ich passe schon auf. Weiß du an was mich das alles sehr stark erinnert? An die Externsteine im Teutoburger Wald. Als Kind war ich mal dort, Klassenfahrt. Das hat mich schon damals ganz stark fasziniert.“

Als Eve beim Absteigen etwas unsicher wirkte bewegte sich Elena auf die Felsen zu.

„Geht's oder soll ich dich holen?“

„Ach was! Pass auf ich springe!“

Elena wollte etwas erwidern, doch da setze Eve bereits zum Sprung an und landete sicher in Elenas Armen.

„Vorsicht, Kleine. Du darfst dich nie unnötig in Gefahr bringen. Ich könnte es nicht ertragen wenn dir etwas zustößt.“

Elena zog Eve zu sich und drückte ihre Lippen auf deren Stirn. Feuer, Leidenschaft. Ein Energiestrom erfasste beide.

Nach einer ganzen Zeit des Verweilens traten sich den Weg zum Waldhaus an.

  

 

Mit etwas Wehmut blickte Eve auf das hinter ihr liegende Wochenende zurück, als sie die Tür hinter sich schloss. Elena wartete schon mit der Mamasaki. Gleich würden sie sich in Bewegung setzen und in die Abtei zurückfahren.

Gerade jetzt wo es so richtig interessant, romantisch und erotisch wurde ,musste sie einen Schlusspunkt setzen. Gerne hätte Eve noch ein paar Tage dran gehangen. Mit dieser Frau allein in einem abgelegenen Waldhaus. Konnte es etwas Sinnlicheres geben? Andererseits freute sie sich aber auch auf Chantal und den keineswegs langweiligen Alltag in der Abtei.

„Können wir?“ Wollte Elena wissen.

„Ja von mir aus!“

Eve nahm auf dem Sozius Platz, doch bevor Elena die Maschine antreten konnte stoppte sie diese.

„Warte noch Elena! Ich möchte dich etwas fragen.“

„Natürlich! Was hast du auf den Herzen?“

„Was glaubst du? Sind unsere beiden Liebsten zuhause wohl an diesem Wochenende auf ähnliche Weise mit einander umgegangen? Liebten sie sich auf ebenso intensive Weise? “

„Hmm, schwer zu sagen. Ich denke schon dass sie sich gefunden haben. Das heißt ich hoffe es, denn das macht unsere Freude um so größer. Wie ich immer wieder nur wiederholen kann. Es sollte keine Verliererin geben.“

„ Was aber wenn wir feststellen, dass die beiden in so heftiger Liebe für einander entbrannt sind, dass sie nicht mehr voneinander lassen können. Madleen und Chantal ein Liebespaar? Was wird dann mit uns? Was würdest du tun?“

„Da gibt es wohl nur eine Lösung. Dann mache ich dich zu meiner Gefährtin. Ich würde dich sofort nehmen, das steht außer Frage. Ist doch fair, oder?“

„Du…du sagst das mit einer Leichtigkeit, als ob das das einfachste der Welt wäre. Kann man denn seine Gefühle wirklich so schnell von einer auf die andere übertragen.“ Erschrak Eve über Elenas deutliche Worte.

„Ach was! Mach dir keine Gedanken über ungelegte Eier. Nichts von alldem wird geschehen wenn wir zuhause ankommen. Heute Nacht wirst du in Chantals Armen liegen und ich in denen von Madleen und es wird für uns vier ein Fest der Sinne sein. Ich wollte nur sagen, dass ich mir vorstellen könnte dich als Partnerin zu haben. Gebe es die Geliebte an meiner Seite nicht, wärst du meine erste Wahl.“

Ein süßer Schmerz bohrte sich in Eves Herz als sie jene Worte hörte. Als Geliebte und Gefährtin dieser Frau? Zu schön um wahr zu sein. Die Erfüllung aller Träume. Doch Elena hatte Recht

Sie sollte sich wirklich nicht den Kopf über Dinge brechen, die gar nicht auf der Tagesordnung standen.  Zuhause wartet Chantal auf sie und das war im Moment das Entscheidende.

Elena startet die Mamasaki, ein letzte Blick auf das Waldhaus, dann ging es ab.

Sie kamen bedeutend schneller voran als bei ihrer Herfahrt, lag es daran das es vor allem bergab ging, oder hatte Eve an diesem Wochenende jegliches Zeitgefühl verloren?

Die Fahrt war entsprechend kurz und schon fanden sie sich auf dem Abteigelände wieder.

Nun hieß es, der Wahrheit ins Angesicht zu schauen. Stand ihnen eine negative Überraschung bevor?

„Hast du Angst, Eve?“ Elena hatte die Unsicherheit ihrer Begleiterin längst wahrgenommen.

„Alles wird gut! Glaube mir! Also gut! Lass uns gemeinsam nach den beiden Ausschau halten.“

Elena ergriff Eves Hand und sie machten sich auf den Weg in Richtung Konventsgebäude.

Sie fanden beide Wohnungen verlassen.

„Wo können die beiden sein? Durchgebrannt?“ Unsicherheit sprach aus Eves Worten.

„Mit Sicherheit nicht, Schwester! Die werden einfach das gute Wetter nutzen und sich im freien bewegen, das ist alles. Komm ich kann mir vorstellen wo sie sich aufhalten!“

Elena führte Eve durch den Park, ein sanfter aber noch immer lauer Wind wehte ihnen entgegen und wirbelte die ersten Blätter von den Bäumen. Der Herbst würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Die beiden  hatten sich, wie von Elena richtig vermutet an der alten Kapelle niedergelassen. Wer ungestört sein wollte suchte diesen von Allen geachteten Ort inmitten der hohen Kastanienbäume auf.

Sie waren so sehr in ihr Gespräch vertieft, dass sie die herannahenden gar nicht bemerkten, auf der alten Holzbank sitzen, wandten sie ihnen den  Rücken zu.

Schnell hatte sich Elena von hinten herangepirscht und umschlang die beiden Turteltauben  mit ihren Armen.

„Elena! Hast du mich aber erschreckt!“ Entfuhr es Madleen. „Wann….äh seit ihr denn zurückgekommen, wir haben euch erst später am Abend erwartet?“

„Kann ich mir vorstellen! Wie ich sehe hat unser Experiment funktioniert. Ihr seid euch in der Tat näher gekommen. Bemerkenswert! Hat euch erwischt oder?“

„Wie, was erwischt? Du… du meinst wir sind…. Ach was Elena! Zugegeben, hat mächtig gefunkt gestern Abend zwischen uns, aber nichts was dich beunruhigen müsste!“ Meinte Madleen.

„Etwas anderes habe ich auch nicht erwartet.“

Elena bedeutete Eve näher zu kommen.

„Also was ihr könnt, können wir schon lange. Auch zwischen Eve und mir hat`s ganz ordentlich geknistert.“

„Sag nur! Hätte ich euch gar nicht zugetraut!“ Erwiderte Madleen mit ironischem Unterton.

„Alles in Ordnung Elena! Es war toll mit Madleen. Wir fühlen uns beide gut. Alles bereinigt zwischen uns. Wir sind jetzt echte Schwestern. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber es ist so. Von nun an wird vieles leichter für uns sein.“ Versuchte Chantal zu beruhigen, obgleich es gar keinen Grund dazu gab.

„Danke dir Chantal! Nun, ich übergebe dir Eve. Es war wundervoll mit ihr. Ich kann dich nur beglückwünschen für diesen Menschen an deiner Seite.“ Sprach Elena, während sie Eve zu Chantal schob.

„Liebe Elena, ich übergebe dir Madleen. Ihr zwei seit ein Traumpaar und Vorbild für uns alle hier, so ist es recht und so soll es bleiben.“ Chantal legte Madleens Hand in Elenas Hände.

„Eve, Schwester. Ich gebe dir Chantal zurück und ich wünsche euch beiden, das ihr ebenso glücklich werdet wie ich es mit Elena bin.“ Gab Madleen zu verstehen.

„Und ich gebe dir Elena zurück. Es war traumhaft schön mit ihr. Elena gehört zu dir, so wie ich zu Chantal.“ Beendete nun Eve das Ritual.

Schließlich vielen sich alle vier um den Hals und schmiegten sich fest aneinander, verharrten in dieser Stellung eine halbe Ewigkeit.

Vier Menschen, vier Gewinner.  So erfüllte sich der Vorsatz. Es gab keinen Verlierer. Keine wurde ausgeschlossen und dazu verurteilt mit blutenden Herzen das Glück der andern zu betrachten. Sie hatten sich der Versuchung gestellt, lebten sie aus und konnten sie auf diese Weise bezwingen. Ginge es im Leben doch immer so simpel und unkompliziert zu.

„Sagt mal, da wir uns alle so lieb gewonnen haben. Wie wär`s denn mit einem flotten Vierer?“ Neckte Madleen

„Das könnte dir so passen. Schön hier geblieben Rehkitz, heute Nacht bist du dran. Mit der Energie die ich geladen habe schicke ich dich per Express auf Wolke 7.“ Meinte Elena und zog ihre Geliebte zu sich.

„Na, so möchte ich auch mal eingeladen werden?“ Murmelte Eve.

„Hmm das kannst du haben. Was die beiden können, schaffen wir schon lange.“ Gab Chantal zu verstehen und versorgte ihre Herzdame mit einem zärtlichen Kuss.

Einen Vierer gab es nicht in jener Nacht. Dafür aber zwei äußerst sinnliche Zweier. Die Zuneigung für einander war nicht teilbar. Die pure Präsens der Leidenschaft konnte nur auf eine Person übertragen werden. Und eingebettet in eine Gemeinschaft von anderen Liebenden liebt es sich ohnehin am besten.